Matt Bianco
Partystimmung sollte herrschen, wo immer Mark Reilly sein eilig aufgestocktes MATT BIANCO-Projekt als Live-Band vorstellte. Wer das Disco-Pult nicht schon vorab entdeckt hatte, staunte nicht schlecht, als ein zweitklassiger Plattenaufleger mit dem Charme des Glöckners von Notre Dame auf die palmengeschmückte Bühne sprang. „Shaft“ aus seinem Koffer kramte und aufdringlich zum Tanzen animierte. Nichts gegen ein Vorspiel. Aber warum dann nicht ein paar Live-Instrumentals statt Konserven?
Wie die Lemminge drängen wohlgekleidete Bravies nach vorne -— um dort dichtgedrängt und regungslos zu verharren. Darauf schelmisch das Monster mit den dick wattierten Schultern: .“Has anybody come to see Matt Bianco?“
Spielchen wie im Kindergarten: Die Band kommt erst, wenn ihr wieder alle auf den Plätzen seid.
Als die 11 Musiker endlich antreten, gibt’s trotz Ordnerketten kein Halten mehr. „Yeah Yeah“ — noch ist Marks Gesang schützend eingebettet zwischen Jenny Evans und einem weißen Chormädchen. „Undcrcover“ swingt mächtig drauf los -— getrieben weniger vom Schlagzeug als von Glatzkopf Robin Jones an den Kongas.
Aber wo bleiben die versprochenen Live-Abwandlungen des Repertoires? „Just Can’t Stand lt“ wächst dem Mixer über den Kopf -— wie alle orchestralen Passagen. Schade, weil die beiden Bläser Ronnie Ross und Steve Sidwell nicht so recht zur Geltung kommen. Mark Fisher erlaubt sich „Fly By Night“ am Piano wie eine klassische Jazzballade einzuleiten. Wie auch bei „Half A Minute“ singt Jenny solo und Mark im Background. Besser, als wenn Malt beispielsweise einen neuen Latin-Song vorstellt und man die Melodie nur ahnen kann. Was ihm zum Showprofi fehlt, führt neben Jenny auch Mr. Percussion vor, der seine Gage locker als Jongleur verdient hätte.
Keine Stunde ist vergangen, als ein rasantes „I Wonder“ den Set abschließt. Mit der ersten Zugabe kommt die Gewißheit: Man sollte Mark Reilly sein „More That 1 Can Bare“ nicht live vortragen lassen. Drastisch im Tempo gedrosselt, bleibt der Evergreen fast auf der Strecke. Dafür fetzt „Get Out Of Your Lazy Bed“ mit virtuosem Walking-Baß, daß es eine Freude ist. Und die Reprise von „Just Can’t Stand It“ läßt mich in der Gewißheit zurück, daß es diesem Konzert weder an guten Instrumentalisten fehlt noch an platinreifen Songs.
Um so mehr aber an einem Frontmann mit der nötigen Ausstrahlung. Mal ganz abgesehen davon, daß sich eine überzeugte Live-Band eben doch nicht übers verlängerte Wochenende aus dem Bilden stampfen läßt.