Michael Hall: Underground-Country mit Endzeitstimmung


Verrückter? Durchgeknallter Visionär? Prophet mit Weltuntergangs-Paranoia? Derlei Etkettierungen liegen nahe, hört man Michael Halls (37) Erklärungen zu seinem neuen, vierten Soloalbum ‚Day‘: „Diese Platte ist ein gewagtes Experiment: Es geht darin um das Ende des Jahrhunderts und um all die Probleme, die dieses gewichtige Datum mit sich bringt. Insofern ist ‚Day‘ eine apokalyptische Angelegenheit. Auch im Sinne einer Chance auf Wechsel und der Möglichkeit für Neues – was auch immer das sein mag. Als musikalische Untermalung habe ich Country gewählt, was für mich seit jeher der Blues des weißen Mannes ist, die rudimentärste und dadurch packendste Form, die Bleichgesichter wie ich je erfunden haben. Wenn du eine Schublade brauchst, nenn‘ es meinetwegen Country für die Apokalypse.“

Hall, den man getrost zu den Monumenten der Underground-Country-Szene zählen darf, stammt aus Austin/Texas und war Leader seiner eigenen Band Wild Seeds. Er spielte zusammen mit Walter Salas-Humara von den Silos oder J.D. Foster von Green On Red und gehörte zur Indie-Supergroup The Setters. Der introvertierte Denker hat sich mit ‚Day‘ selbst übertroffen: Seine Knarzigkeit und Schlichtheit sucht ihresgleichen. Kein Gitarrenton ist da zuviel gespielt, Halls warmes Timbre flüstert, hüstelt und erzählt gelegentlich nur, wo andere große Gesten bemühen. Dieser Vortrag verleiht seinen pessimistischen Geschichten erst recht den Hauch von endgültiger Verlorenheit. Für ihn zählen nur die großen Themen: „Mir geht es nicht um Extreme. Vergebung und ewige Liebe, Himmel und Hölle, Sehnsucht und Tod – Etwas anderes ist es nicht wert, daß man darüber Worte verliert!“