Midsummer Festival
Der Sprung ins kalte Wasser keine Frage, er ist vollauf gelungen. Ein Konzept, das in Amerika schon seit etlichen Jahren boomt, hat nun – endlich – den Weg über den Atlantik gefunden: Open Airs direkt am Swimming-Pool. Party, live im Freibad. Ein Sprung in die kühlenden Fluten – und dann gleich wieder zurück ins Konzertgetümmel. Da freut sich der Fan, und der findige Veranstalter reibt sich die Hände. Eine Idee, einfach aber brillant.
Der Opener für die diesjährige Reihe der „Midsummer Festivals“ fand auf westfälischem Boden statt. Bei drückender Hitze trudelten die Besucher zunächst nur sehr zögerlich in das große Freibad-Areal am Rand von Münster. Da die übliche Open-Air-Deadline um 22.00 Uhr den Beginn des Festivals für den frühen Nachmittag festsetzte, mußte der halblokale Eröffnungs-Act „The Keytones feat. Götz Aismann“ mit einem kleinen und zudem noch recht müden Pendler-Publikum vorliebnehmen und gegen den kühlen Reiz des Schwimmbeckens anspielen. Das Alsmann’sche Konzept einer Kombination von Rockabilly- und alten Soulnummern fand jenseits von 28 Grad Celsius seinen Meister: Die gewohnte Spritzigkeit fehlte, auch wenn die eingeschworenen Fans am Bühnenrand den Lokalmatadoren stürmisch feierten. Vergeben und vergessen! Peppiger, schräger und mit mehr Speed droschen danach die Darling Buds um ihre platinblonde Sängerin Andrea Lewis auf die Gitarren. Die live leicht trashigen Drei-Minuten-Pop-Songs paßten in ihrer naiven Unbekümme- passend zum Gruppennamen – die aufgedrehte und gut aufgelegte Miss Lewis und beglückte die Zuhörer mit einer Hand voll roter Rosen. Süß, war ma: sich einig und ging zur Tagesordnung, das hieß den Woodentops über. Die Combo um Sänger Rolo McGinty, der immer noch mit der Besessenheit eines Hilfssheriffs und den Zuckungen eines Maniacs über die Bühne tobt, mischte High-Speed-Klassiker wie „Stop This Car“ oder Slowies wie „Heaven“ mit brandneuem, unveröffentlichtem Material. Bis, ja bis Rolo von seiner ständig verstimmten Gitarre so angewidert war, daß er kommentarlos die Bühne verließ und nur auf strengstes Zureden seitens des Managements wieder an selbigen Ort zurückkehrte.
Nach kurzer Pause spielte er mit sichtlicher Wut im Bauch und lief prompt zu Höchstform auf. Das Publikum wußte es zu schätzen, und die Wellen der Begeisterung begannen allmählich auch außerhalb des Pools überzuschwappen. Das erste Mal so etwas wie Festivalstimmung. Das Bier floß in Strömen, und das Plantschbecken blieb von da an leer.
Denn was nun die hochprozentigen Pogues – abgefüllt oder nicht – veranstalteten, war bestes Rock’n‘ Roll-Entertainment. Party Nonstop. Die pog(u)ende Menge trampelte den Sandstaub meterhoch; man tanzte allein, zu zweit, Quadrille, was auch immer. Jeder war in Bewegung. Fun forever. Ob die letzte Pogues-Single „Yeah, Yeah, Yeah“, uraltes Material oder Songs der neuesten LP PEACE & LOVE, allumfassende Volksfeststimmung war angesagt. Und wenn da nicht eben jene unvermeidliche 22.00 Uhr-Open-Air-Deadline gewesen wäre, die Sechstausend tanzten wohl noch heute. Cheers!