Mike Oldfield: London, Horse Guard’s Parade
Was für ein Album! Als Mike Oldfield, gerade 19, vor gut 25 Jahren sein Debüt-Meisterwerk „Tubular Bells“ veröffentlichte und damit bis heute über 10 Millionen Kopien losschlagen konnte, war ein neues Genre geboren – Ambient Music. Ein Vierteljahrhundert später hat sich der scheue, introvertierte Londoner die „Tubular Bells“ wieder vorgenommen, „weil diese Platte mich“. so Oldfield anno’99, „bis heute nicht losläßt.“ Also entstand „Tubular Bells III“, denn „ich wollte dem Album schlicht und ergreifend einen zeitgemäßen Unterton verpassen.“ Völliger Unsinn, dieser Versuch. Mike Oldfield verliert sich in Platitüden und wärmt einfach nur einst aufregende Ideen zu einem plan- und ziellosen Einheitsbrei auf. Ganz besonders live wird dieser vergebliche Versuch erschreckend deutlich: Mike Oldfield scheut sich im wunderschönen Ambiente des „Horse Guard’s Parade“ in Londons Südwesten nicht, die beiden Werke in direktem Vergleich aufeinanderprallen zu lassen. Sprich: Nach einer aufregenden rund 15minütigen Exkursion durch „Tubular Bells I“ präsentiert Oldfield mit seiner 12köpfigen Band, die extra für dieses Event zusammengestellt wurde, die neue CD komplett und am Stück – und legt damit erst recht die Schwächen des uninspirierten Stücks Musik offen. Die Leute reagieren eher verhalten auf dieses Kernstück des rund l00minütigen Konzerts. Dabei hätte ihnen klar sein müssen, was an diesem Abend zu erwarten ist: Die Musik eines ehemaligen Klang-Revolutionärs, dem längst die Ideen ausgegangen sind. Denn Oldfield hat sich in dieser Dekade hauptsächlich selbst kopiert. Und soviel Mühe sich die Designer von Oldfields „Tubular Bells III“-Weltpremiere in London auch mit dem Ambiente gegeben haben, so sehr verschwimmt der Gesamteindruck aufgrund des miserablen Sounds in der „Horse Guard’s Parade“. Trotzdem verzeiht das englische Publikum – zwischen 7 und 70 Jahre alt – dem Ambient-Pionier eine ganze Menge. Als der letzte Ton des faden Sound-Einerleis verklungen ist, fordern die rund 3.000 Besucher gar Zugaben. Oldfield gewährt diese, allerdings ausgerechnet die schwächsten Nummern seines Repertoires: „Moonlight Shadow“, „Sheba“ und „Family Man“. Der Rezensent zieht sich währenddessen höflich zurück.