Milli Vanillis Fab Morvan klagt an: „Wir waren die Sündenböcke“
Seiner Meinung nach wurden er und Rob Pilatus „den Wölfen vorgeworfen“.
Mit „Girl You Know It’s True“ wurden Fab Morvan und Rob Pilatus als Milli Vanilli zu Superstars. Die Freunde hatten sich in jungen Jahren in München kennengelernt und als Clubtänzer in Diskotheken gearbeitet – bis Musikproduzent Frank Farian die beiden entdeckte. Er vermarktete sie Ende der 80er als Musikduo Milli Vanilli und seine Arbeit zahlte sich aus. Morvan und Pilatus verkauften Millionen von Platten, traten vor riesigen Menschenmassen auf und gewannen 1990 auch einen Grammy. Im gleichen Jahr platze aber auch schon wieder die schöne Blase. Als bei einem Konzert das Tonband stehen blieb und das Publikum sah, dass die beiden nur zum Playback auftreten, wurde klar, dass die sie gar nicht selbst sangen. Ein paar Tage später offenbarte Frank Farian, dass Morvan und Pilatus tatsächlich nicht die Gesichter zu den Stimmen waren, die man in Milli-Vanilli-Songs hörte – daraufhin brach ein Shitstorm los. In einem neuen Interview erinnert sich Morvan an die Zeit zurück.
Im Gespräch mit der „dpa“ meint er rückblickend: „Wir wurden den Wölfen vorgeworfen. Wir waren gewissermaßen die Sündenböcke, und alle anderen haben sich vor ihrer Verantwortung gedrückt.“ Damit spielt er darauf an, dass man in der Branche genau wusste, was man tat und die beiden Newcomer dennoch in diese heikle Situation brachte.
Alle wussten Bescheid?
Auf die Frage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, warum sich die zwei jungen Männer auf das Fake-Spiel einließen, sagt sich das Ex-Milli-Vanilli-Mitglied Fab Morvan heute: „Ich war jung und brauchte Geld, also unterschrieb ich natürlich begeistert, als man mir einen Plattenvertrag anbot. Dass man mir am Ende nie erlauben würde, je selbst zu singen, konnte ich nicht wissen. Überhaupt: Der Vertrag war auf Deutsch, ich verstand also kein Wort. Aber selbst Rob war nicht klar, dass wir uns nicht bloß für einen Song, sondern für drei Alben an Frank Farian banden. Als irgendwann offensichtlich war, dass man uns nie singen lassen würde, wollten wir aussteigen. Aber dafür mussten wir das Geld zurückzahlen, das wir schon erhalten und ausgegeben hatten. Um mehr zu verdienen, beschlossen wir also, noch ein bisschen weiter für Farian zu arbeiten. Doch dann stellte sich der Erfolg ein, und alles geriet außer Kontrolle. Plötzlich führten wir ein Leben, das uns sonst nie offen gestanden hätte. Wir wurden gefeiert und von den Fans mit Liebe überschüttet. Sich dem zu entziehen wurde immer schwieriger. Aber wirklich glücklich waren wir nie.“
Selbst Plattenfirma und Management in den USA sollen von Farians Betrugsmasche gewusst haben, so Morvan weiterhin im Interview. Er erklärt: „Ich habe heute noch einen Akzent, ich bin kein Amerikaner. Das ist offensichtlich. Und damals hatte ich ganz sicher einen französischen Akzent und Rob hatte einen bayerischen Akzent, was sogar noch krasser ist. Als wir damals in New York City landeten und uns mit den Führungsleuten zusammengesetzt haben, wussten sie Bescheid.“
„Wir haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen“
Fab Morvan wundert sich bis heute, dass die Leute und vor allem Medien den Skandal nicht hinterfragt haben. Er spricht im Interview über den Betrug als eine Sucht. Sie waren seiner Meinung nach allesamt süchtig nach der Liebe der Fans und der Anerkennung und Aufmerksamkeit, die sie daheim nicht viel erfahren hatten.
Rob Pilatus beschrieb einst bei einer Pressekonferenz: „Wir haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.“ Er hatte nach dem Skandal mit einer Drogensucht zu kämpfen und verstarb 1998 mit nur 33 Jahre an einer Überdosis. Morvan arbeitet heute immer noch als Sänger und Songschreiber und hat vier Kinder.
Jubiläum und Milli-Vanilli-Biopic
Am 21. Dezember 2023 erscheint die Verfilmung der Story unter dem Titel „Girl You Know It’s True“ im Kino. Regisseur Simon Verhoeven hat dafür Matthias Schweighöfer als den Produzenten Frank Farian besetzt. Tijan Njie und Elan Ben Ali spielen Rob Pilatus und Fab Morvan.