Mirrors
Die Nachfolger der gefeierten Mumm-Ra: Aus Indierockern werden Synthiepopper, und die Gaga mischt auch mit.
Der altmodisch gekleidete junge Brite bittet höflich um eine Tasse Tee, während er sein Tweedjackett abstreift. James New ist Sänger der Synthiepopper Mirrors, der Dresscode der Band lautet: geschniegelt und gestriegelt. Kaum zu glauben, dass New bis 2008 in schlabberigen Hemden und zerschlissenen Hosen den Indierockern Mumm-Ra vorstand. Jener Band, die der ME für ihr Debüt These Things Move In Threes mit der Höchstwertung abfeierte und die ihre Zuschauer auf allen großen Festivals hinriss. 2008 kam der Split. Zum einen war New von der Zusammenarbeit mit seinem damaligen Label Columbia enttäuscht, zum anderen habe man sich „mit der Mumm-Ra-Platte einfach nicht mehr verbunden gefühlt, als sie nach den vielen Verzögerungen endlich erschien. Wir waren künstlerisch bereits woanders“, sagt er. „Es war einfach Zeit für etwas Neues.“
Die offensichtliche Blaupause für dieses Neue, Hurts, habe zwar den richtigen Style, nicht aber die richtige Musik, sagt er. „Aktuelle Synthiebands arbeiten mit Geräten, die den alten Sound kopieren. Kaum einer unserer Synths wurde nach 1982 gebaut. Uns geht es um die Originale, die sind zwar sauschwer zu programmieren, aber dafür klingen sie auch nicht so glatt wie die der anderen.“ So schafft die Band ein Gegenstück zu ihrer Optik.
In ihrer Walheimat Brighton brechen die Mirrors auch häufig mit ihrem distanziert wirkenden Äußeren. Dort veranstalten sie regelmäßig Partys, in die sie die Zuschauer mit einbeziehen. Die dürfen dann Boule mit Zwiebelknollen spielen, während die Band ihre analogen Synthies auf Metalltischen wie einst Kraftwerk aufbaut. Vorbild in Sachen Bühnenshow ist aber Lady Gaga. New: „Wenn wir wie sie alles, was wir verdienen, wieder in unsere Show stecken könnten, das wär’s. The bigger, the better!“
CD im ME S. 19, Albumkritik S. 85
* Mirrors stammen aus Bexhill-on-Sea, „Europas Hauptstadt der Rentner“, wie Sänger James New sie nennt. In den dortigen Second-Hand-Läden deckt sich die Band mit Anzügen, Hemden, Westen und Manschettenknöpfen ein.
* 2010 eröffneten Mirrors die Deutschlandkonzerte von OMD.
* Ihr Debüt Lights And Offerings klingt zwar nach Großstadt, wurde aber in einer ehemaligen Hippie-Kommune auf dem Land aufgenommen.