Mit den stilistisch vielfältigen Acts ihres Labels Four Music beweisen die Fantastischen Vier, dass HipHop in Deutschland nicht stehen bleibt.
„Seit 1998 hat sich sicher einiges getan“, überlegt Michael „Hausmarke“ Beck bei einem späten Frühstück. „Viele, die damals aktiv und weit vorne waren, sind jetzt ein bisschen älter geworden und verlagern sich mehr und mehr auf die Business-Seite. Ob das 3p ist, ob das Eimsbush ist oder eben wir. Das ist ein natürlicher Prozess“. Zuletzt hat der MUSIKEXPRESS vor drei Jahren mit einer CD-Beilage (10/98) das Schaffen des Fanta-Vier-Labels Four Music dokumentiert. Vieles hat sich verändert, als wir uns im November 2001 mit Hausmarke und Geschäftsführer Fitz Braum auf der Couch in den Stuttgarter Büros niederlassen, um erneut über Four Music, den HipHop und seine Stellung in Deutschland zu philosophieren. So ist der Rap seit 1998 endgültig von der Straße in die Charts gewandert und hat damit seinen Platz im kommerziellen Mainstream gefunden. »Heutzutage ist es eine ganz andere Motivation, HipHop zu machen, als es für uns damals 1986, ’87 war“, so Hausmarke. „Weil das einfach kein Arsch kannte. Es ist wichtig für Kids, was Neues zu schaffen und Regeln zu brechen. So’n bisschen, Punk-Rock machen, das ist mit HipHop gerade schwierig.“ Ein Umstand, der das Genre derzeit vor allem im Newcomer-Bereich bremst. So sieht Hausmarke mit Ausnahme von Samy Deluxe kaum herausragende Jungtalente heranwachsen. „Das ist aber auch das Spannende“, freut er sich. „Wenn ein Street-Phänomen Mainstream geworden ist, dann muss sich wieder was Neues entwickeln. Ich seh das bei Platten wie Fünf Sterne (Deluxe) oder Turntablerocker von Thomilla und mir. Da wird versucht, das ein bisschen aufzubrechen.“ Um als Label selbst beweglich und innovativ zu bleiben, setzen die Stuttgarter derzeit auf Dezentralisierung: Smudo brütet in seinem Hamburger Büro Ideen aus, kümmert sich um die Website und hat gerade mit Silly Walks ein hanseatisches Dancehall-Soundsystem unter Vertrag genommen. Produzent And.Y. verlässt kaum das Aufnahme-Studio, und Thomas D., der laut Hausmarke „sowieso für straighte Büro-Arbeit ungeeignet wäre“, lebt seinen Künstler-Trieb in der „Mars“-Kommune in der Eifel aus. Hausmarke ist der letzte der „Vier“, der noch in den geschäftigen Label-Alltag in Stuttgart eingebunden ist. Mit viel Sympathie beobachtet er von dort mit Fitz Braum das Treiben der jungen Konkurrenten wie Elmsbush und 0711, die im Stil von Street-Promotion-Agenturen leistungsstark Label-Arbeit leisten und dem deutschen HipHop neue Impulse geben. Nach sechs Erfolgs-Jahren hinterfragt man bei Four Music immer wieder auch das eigene Tun kritisch: „Wir haben Four Music damals gegründet, weil die Industrie mit dem Genre HipHop nicht richtig umging. Da wurde zwar gesignt, aber letztlich verkackt“, so Braum. „Und diesen Grund gibt’s ja jetzt nicht mehr. Ich glaube, heute würden wir’s nicht mehr tun – uns mit so einer Firma belasten. Mit all der Verantwortung, den Künstlern und den Mitarbeitern gegenüber.“ Die Aktiven, deren Songs DJ Friction von Freundeskreis für die ME-CD exklusiv gemixt hat, sind jedenfalls dankbar, dass Four Music die Verantwortung bis heute trägt. Denn Künstler wie Freundeskreis, Blumentopf und Afrob profitieren nun von der Weitsicht, mit der sie über Jahre aufgebaut und gefördert wurden. Seit langem gehören Four Music-Künstler qualitativ zur absoluten Elite. „Wir haben immer nach Charakteren und nicht nach Songs gesucht. Das ist viel beständiger“, so Hausmarke schulterzuckend. „Und bis jetzt geht’s auf.“
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