Mit ihrem neuen Album feiern Drugstore die Renaissance der Emotionen im Rock


Wenn ein integrer Mensch wie Radiohead-Sänger Thom Yorke sein Sangestalent in den Dienst eines fremden Projektes stellt, dann ist anzunehmen, daß er dafür schon seine Gründe haben wird. Ein trockenes „Kein Kommentar“ ist denn auch alles, was dem Star zu entlocken ist. Die Band möge „für sich selbst sprechen“. Nun, die Band heißt Drugstore, und auf deren aktueller Single „El President“ liefert sich Thom Yorke als Castsänger ein wahrhaft dramatisches Duett mit Frontfrau Isabel Monteiro. „Wir schickten ihm die fertigen Bänder“, erzählt Gitarrist Daron Robinson, „und Thom sandte seinen Gesangspart sofort zurück. Ich glaube, er mag uns.“ Die wuchtige Single erzählt in verschlüsselten Worten die Geschichte des linksgerichteten chilenischen Präsidenten Allende, der einem Komplott der CIA zum Opfer fiel. Doch selbst politischen Themen nähert sich die Songwriterin Monteiro mit poetischer Distanz, was in ihrer Bewunderung für den Dichter Fernando Pessoa verankert sein könnte: „Ich liebe ihn“, erklärt sie schlicht. „Es gab eine Zeit, da glaubte ich, er hätte aus meinem Tagebuch abgeschrieben. Er dichtete nur für mich, verstehst du? Und so komponierte Isabel Monteiro mit „Song For Pessoa“ eine kleine Hymne über eine fiktive Liebesnacht mit dem Poeten. Und obwohl das Album „White Magic For Lovers“ wie ein Setzkasten aus Kurzgeschichten, Aphorismen und Phantasien vor dem Hörer liegt, ist es doch in sich geschlossen, spannt einen weiten Bogen vom einladenden Opener „Say Hello“ bis zum abschließenden „The Funeral“, in dem sich Monteiro – ganz Teenager – ihr eigenes Begräbnis ausmalt. Dort treffen sich dann „all my ex-lovers“, unterhalten sich die ganze Nacht über „tales of passion and pride. And they’ll say that I had a cunt made of gold.“ Daß dergleichen nicht schlüpfrig, sondern glücklich klingt, liegt neben Monteiros offener, warmer, verletzlicher Stimme auch an der inspirierenden Instrumentalarbeit ihrer männlichen Begleiter. „Wir bilden bisweilen das Rückgrat für Isabels euphorische Exkursionen“, sagt Drummer Daron Robinson, der den druckvollen Optimismus des Sounds um die Melancholie des Lo-Fi ergänzt-Attribute, die „White Magic For Lovers“ zu einem schillernden Panoptikum der Seele gerinnen lassen, aus dem die zeitgeistlichen Zwillinge Zynismus und Ironie rigoros verbannt sind. Wäre das Wort nicht so ausgelaugt, ließe sich Drugstores Musik als „ehrlich“ feiern. So aber ist sie einfach nur weiblich. Und damit ihrer Zeit voraus.