„Muchachos“: Wer steckt hinter Argentiniens WM-Hymne?
Seit drei Tagen hängt der weiß-blaue Himmel Argentiniens voller Geigen, auf der Erde tanzen Millionen Menschen in einem Freudentaumel über die Straßen von Buenos Aires, Córdoba und Mendoza – und johlen dabei vor allem ein Lied, das schon während der Weltmeisterschaft aus den Rängen zu hören war: „Muchachos, ahora nos volvimos a ilusionar“.
In einem dramatischen Endspiel gegen Frankreich hat die argentinische Nationalmannschaft um Lionel Messi am Sonntag ihr Land ins Glück und sich selbst zum Weltmeistertitel geschossen. Seitdem hängt der weiß-blaue Himmel Argentiniens voller Geigen, auf der Erde tanzen Millionen Menschen in einem Freudentaumel über die Straßen von Buenos Aires, Córdoba und Mendoza – und johlen dabei vor allem ein Lied, das schon während der Weltmeisterschaft in Katar aus den Rängen zu hören war: „Muchachos, ahora nos volvimos a ilusionar“ heißt der Titel zum Titel. Er handelt von Tränen, Hoffnung und Diego im Himmel. Hier erzählen wir seine Geschichte.
Ein alter Tango diente als Vorlage
Das Lied stammt von einer argentinischen Formation namens La Mosca Tsé – Tsé. Seit ihrer Gründung Mitte der Neunzigerjahre verweben die Musiker traditionelle amerikanische Stile wie Merengue, Cumbia, Salsa und Ska mit zeitgenössischer Pop- und Rockmusik – so auch bei diesem Stück. Die inoffizielle WM-Hymne ist ihrem neunzehn Jahre alten Tango „Muchachos, Esta Noche Me Emborracho“ nachempfunden, einer Jeremiade auf eine verflossene Herzensdame. Auch die neue Version erzählt eine Leidensgeschichte – nur, dass dem Kummer hier keine Frau, sondern verlorene Endspiele zu Grunde liegen.
Tränen, Hoffnung, Stolz – und Diego im Himmel
So heißt es in übersetzten Worten: „Ich kann es dir nicht erklären, weil du es einfach nicht verstehen wirst. Wie viele Jahre ich geweint habe, um die Finals, die wir verloren haben. Aber das ist jetzt vorbei, weil Papa im Maracanã das Finale gegen die Brazucas gewonnen hat.“ Damit rühmt Sänger Guillermo Novellis die gegen Brasilien gewonnene Copa América im vergangenen Jahr als Wendepunkt in der Fußball-Geschichte – und schöpft neuen Mut: „Jungs! Jetzt machen wir uns wieder Hoffnungen, ich will den dritten Stern, will Weltmeister werden. Und Diego können wir im Himmel sehen, wie er mit Don Diego und La Tota Lionel anfeuert.“ Seit Diego Maradona vor zwei Jahren gestorben ist, tragen die Argentinier ihren Nationalhelden selbstredend weiterhin auf ihren Trikots und in ihren Herzen. Auf der obersten Tribüne – im metaphorischen Fußballhimmel – wird er von seinem Vater Don Diego und seiner Mutter La Tota begleitet.
Aus dem Lied spricht aber auch der glühende Nationalstolz der argentinischen Bevölkerung. Es beginnt mit den Zeilen: „In Argentinien bin ich geboren, dem Land von Diego und Lionel, von den Kindern der Malwinen, die ich niemals vergessen werde.“ So nimmt es auch Bezug auf die Falklandinseln, deren Zugehörigkeit zum Vereinigten Königreich bis heute kaum eine Menschenseele in Argentinien anerkennen will.
Gemeinsam sangen Fans und Mannschaft ihre Hymne
Im Laufe der Fußball-Weltmeisterschaft entwickelte sich der Song in Argentinien zu einem riesigen Hit – und erreichte auch die Mannschafts-Kabine. Nach den gewonnenen K.o.-Spielen grölten die Spieler ihn gemeinsam mit ihren Fans. Dienstag wurden sie mitten in der Nacht in Buenos Aires empfangen und fuhren in einem offenen Doppeldeckerbus durch ihre Hauptstadt. Müßig zu erwähnen, dass La Mosca Tsé – Tsé ihre Hymne dargeboten haben. Die von ihnen besungene Hoffnung war nicht vergebens, Lionel Messi und sein Team sind als Weltmeister zurückgekehrt.