Mulay im Interview: Jetzt will sie Narzissten den Mittelfinger zeigen
Mulay nutzt einen kreativen Weg, um sich vom toxischen Ex zu lösen. Ihr Debüt versteht sie als Self-Empowerment mit Mittelfinger.
Googelt man „toxische Beziehung“ ploppt eine Reihe von Listicles, Tests und Definitionen auf, die einem helfen sollen, eine ungesunde Partnerschaft als solche zu erkennen. Doch so klar, knapp und schlüssig sich das Schwarz auf Weiß liest, so viele Fragen bleiben in der Realität letztlich auch offen.
„Es ist schon krass, dass ich erst selbst so eine Erfahrung machen musste, um die Dimensionen einer toxischen Beziehung zu verstehen“, berichtet Mulay mit gerunzelter Stirn dazu im Gespräch. Und als sie nach der Selbsterkenntnis auch anfing, darüber mit anderen zu reden, wurde das Thema umso komplexer. „Die meisten, mit denen ich darüber sprach, hatten so etwas schon erlebt. Ich fand es schockierend, wie viele heftige Geschichten – auch mit Stalking und ähnlichen Levels – ich von Leuten erfuhr und wie weit verbreitet das zu sein scheint. Ich habe mich dann gefragt, warum man dazu nicht mehr weiß? Es ist schon ein Thema, das stigmatisiert wird, was wohl auch daran liegt, dass bei den Leuten, die in einer ungesunden Beziehung sind, oft die Schuld umgedreht und nachgehakt wird, warum sie denn so lange dabei bleiben.“
„Ära der Farbe“
Die R’n’B-Pop-Musikerin ist sich nun aber sicher: „Egal, wie selbstbewusst und stark man ist, es kann jedem passieren. Es gibt einfach sehr manipulative Leute da draußen.“ Dazu lächelt sie in die Computerkamera und ihre knalllila Haare leuchten in dem Nachmittagslicht, das vom Fenster rechts neben ihr herrlich instagramable hineinscheint. Die Farbe ihrer Haare gehört gewissermaßen auch zum Self-Empowerment dazu. Denn nach ihrer selbstbetitelten „monochromen“ Phase, die ihre EPs „Antracyte“ (2021) und „Ivory“ (2022) umfassten, will sie nun die „Ära der Farbe“ ausrufen. Eben deshalb hat sie ihr Debütalbum LAVENDER genannt – ganz die Konzeptkünstlerin, die sie nun mal im Herzen ist.
Mulay will sich „laut und kein bisschen zurückhaltend“ zeigen. Schließlich ist die Platte das Zeugnis eines gewonnenen Kampfes mit sich selbst. Erst wollte sie die Stücke nämlich vor allem für sich schreiben, um das zu verarbeiten, was sie da gerade in einer Partnerschaft durchgemacht hatte – und eigentlich auch immer noch durchstand, denn immer wieder kam diese Sehnsucht nach dem durch, von dem sie wusste, dass er nicht gut für sie war und sie ihn auch nicht brauchte. „Ich habe mich dann aber gefragt, wen ich damit beschützen will, wenn ich die Songs nicht veröffentliche? Wovor habe ich Angst? Also bin ich ins Spotlight getreten und habe gesagt: Das ist alles wahr und keiner kann mir was. Das hat den ganzen Prozess des Albummachens begleitet. Dieses Gefühl von: Ich mache das für mich selbst.“
Neue Art der Freiheitsfeier
Narzissten werden nicht von Mulay gedeckt, das sollte jetzt deutlich sein. Auch mit der Zusammenarbeit mit Freund:innen für die Instrumentierung und Produktion probierte sie eine neue Art von Freiheitsfeier für sich aus. Nachdem sie ihre EPs zuvor für sich allein umsetzte, um so ihre eigene kreative Vision und Stimme zu festigen, traute sie sich dieses Mal raus auf die große Spielwiese der Kooperation. „Schließlich weiß ich nun, was ich kann und dass mich keiner mit seinem Input überrennen kann“, so Mulay stolz. Und nun kann es mal in Phase 2 übergehen: „Auch mal wieder nur Spaß haben und nichts zu ernst zu nehmen.“
Mulays Debütalbum LAVENDER erscheint am 22. November via Grönland Records.