My Morning Jacket Hamburg, Grünspan


Crazy Horse! Floyd! Die E Street Band! Mairo Barth? Die grandiosen Schrate aus Louisville haben so einiges verinnerlicht.

Jetzt mal im Ernst: Diese Jugendlichen! S-Bahn-Surfen ist wohl out, Piercing und Branding sowieso, Sido macht jetzt auf Hochschullehrer, und Tokio Hotel werden 2011 schon wieder uncool sein (Pah!). Das neue Ding: sich bei 31 Grad Außentemperatur in einen 51 Grad heißen Club ohne Belüftung stellen und verhallten, floydianischen, virtuos zergniedelten Southern Rock hören !0k, das war gelogen: Jugendliche hören nämlich gar kein My MorningJacket, und so liegt der Altersdurchschnitt im allenfalls semi-beliebten „Grünspan“ bei dankbaren 36,9 Jahren.

Jim James, neuerdings verstärkt falsettierend, unrasiert seit Jahr und Tag, betritt die Bühne, und schon auf den Titelsong der neuen Platte evil urges folgt ein Block mit Stücken von z, dem Meisterstück, intoniert von einer Stimme, die uns der Himmel schickte. Das neue, kristallklare „See Walkin“ und „Golden“, ein Evergreen von it still moves, singt James mit Handtuch auf dem Kopf, für das eigenartige neue „Highly Suspicious“ zieht er sich einen schwarzen Graf-Zahl-Umhang über. Der Zugabenblock allein dauert eine Stunde, die Band ist ganz bei sich, verschmilzt förmlich mit ihren Instrumenten, spielt sich in einen Rausch. Man darf sagen: Es ist schlicht fantastisch. Beim Refrain von „What A Wonderful Man“ (!I neuer knew for sure / What a wonderful man he was / What a sensible man he was/What a marvelous man he was“) überschlägt sich James‘ Stimme, und aus „Smokin From Shootin“ machen My Morning Jacket einen Brecher, wie überhaupt fast alle Songs von evil urges durch die Live-Aufführung gewinnen (bis auf „Highly Suspicious“, das auch live ungefähr so funky bleibt wie Mario Barth in der Arena Oberhausen).

Unfassbar dann das abschließende Doppel „Lay Low“ (Crazy Horse! Crazy Horse!) und „Wordless Chorus“: Carl Broemel spielt ein weiteres Monster-Solo auf der Lead Guitar, Jim James hat derweil zur Flying V gewechselt, die blonde Frau vor mir murmelt „Alter!“, der professorale Typ mit Nickelbrille neben mir „Amtlich.“ und My Morning Jacket machen dazu so etwas wie „liiiijeeeeeaaaauiaaaauiaaaooouuu- liiiijeeeeeaaaaujoaaaujaaaoaooouuu-däääeiijääääääeeeiiiwaäääng!“ Dann verbeugen sich die Schrate, blicken in die Augen eines Publikums, das gerade zerlegt worden ist, strecken die Daumen nach oben und verlassen den M Ort des Geschehens. All in a day’swork. Und würde jetzt jemand die Uhr auf 1978 stellen, wären My Morning Jacket aus Louisville, Kentucky, noch immer die wahrscheinlich einzige Rockgruppe, die es im Konzert mit der E Street Band aufnehmen könnte.

>»www.mymorningjacket.com