Wann bist du zum ersten Mal auf Neu! aufmerksam geworden?
Das war bei einer Fotosession in London. Der Fotograf legte das Album „Neul 2“ auf, und ich fragte ihn, was das wäre. Er antwortete, das sei eine deutsche Band namens Neu! Dann erzählte er mir von einem Club im East End, in dem jeden Mittwoch Krautrock gespielt wird. Dort wurden die Neu!-Platten am häufigsten vom Publikum gewünscht. Ich hatte die Band bis dahin nicht gekannt, aber seither mochte ich ihre Musik. Ich wurde neugierig, welche Probleme bislang einer Wiederveröffentlichung ihrer Platten im Weg gestanden haben und wie ich es fertig bringen konnte, die Band für mein Label zu bekommen.
In dar Vergangenheit haben die verschiedensten Plattenfirmen vergeblich Verhandlungen mit Dinger und Rother über die Wiederveröffentlichung der drei Neu!-Platten geführt Wie hast du es geschafft, den Zuschlag für Grönland zu bekommen?
Ich glaube, das liegt daran, dass ich selber Künstler bin. Deshalb konnte ich auch ihr Vertrauen gewinnen, früher hatte der Produzent Conny Plank als Vermittler zwischen den beiden fungiert, und ich glaube, dass ich heute diese Rolle übernommen habe. Außerdem habe ich ihnen gesagt, dass Kultmaterial wie dieses nicht dazu bestimmt ist, in den Archiven Staub anzusetzen. Das Wichtigste ist aber,dass die Platten jetzt wieder erhältlich sind.
Waren die Verhandlungen schwierig?
Nicht so sehr, wie ich gedacht habe. Als ich all diese Geschichten über Neu! gehört habe, dachte ich, dass es viel komplizierter werden würde. Mein neues Label ist erst in zweiter Linie auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet, es soll ein Forum für Künstler sein, die auch einen großen Einfluss haben.
Wie erklärst du dir, dass Neu! oder andere Krautrock-Bands aus den siebziger Jahren viel mehr Anerkennung In Amerika und England bekommen als in Deutschland?
Wir sind uns unserer Wurzeln nicht bewusst. Unser Land wird vom Mainstream bestimmt, darauf kann sich jeder einigen. Dasselbe gilt für Bands wie die Einstürzenden Neubauten. Sie sind außerhalb Deutschlands genauso bekannt wie hier. Aber ich glaube, dass sich das noch ändern wird. Im Zuge der Wiedervereinigung müssen wir erkennen, dass dieses Land eine eigene Identität besitzt Die Menschen in anderen Landern sind mehr an unseren Wurzeln interessiert als wir selbst.
