Näher zu Dir


Auf der Suche nach Schönheit gingen Isolation Years in die Schule, malten sich Nummern auf die Stirn, duschten mit einem Gartenschlauch.

Warm und gelb und dunkelrot klingt das neue Album von Isolation Years, jener Gruppe aus Schweden, deren hochmelodiöser Folk-Rock immer ein bißchen unbeachtet blieb. Das lag daran, daß die Band sich immer sehr bescheiden und unglamourös gab und immer nur mit ihrer Musik beschäftigt war, nie aber mit dem Drumherum und schon gar nicht mit diesem ganzen Wir-sind-die-Geilsten-Rock-Kram. Hier sind welche ganz bei sich und ihren Tönen auf der Suche nach Schönheit. Und um sich noch mehr zurückzunehmen vom Lärm der Straße und dem Gebrüll an der Bar, gingen die fünf Mitt-20er im August vergangenen Jahres in eine alte verlassene Schule in einem nord-schwedischen Dorf, tief im Wald, und nahmen eben dieses neue Album auf (COVER THE DISTANCE), das sehr schön geraten ist, sehr aufbauend wirkt und sich unaufdringlich um des Hörers Gemüt legt, um dort für ein behagliches Wohlgefühl zu sorgen, was an Jakob Nyströms klarer warmer Stimme liegt und an der altmodisch analogen Folkmusik-Instrumentierung und den schwebenden Harmonien. In der alten Schule war es kalt. Geduscht wurde mit einem Gartenschlauch, geschlafen auf alten Matratzen, und bis auf Tischtennis gab es keinerlei Ablenkung. Sie schleppten Instrumente, Mikrofone und die alte Bandmaschine in alle möglichen Räume auf der Suche nach dem besten Klang. Das Schlagzeug nahmen sie im Treppenhaus auf, den Gesang in einem Klassenzimmer. „Wir wollten eine leichte Instrumentierung, ohne spartanisch zu wirken“, sagt Jakob, und Schlagzeuger Daniel Berglund ergänzt: „Wir wollten dem Gesang mehr Raum geben. Alles sollte näher wirken.“ Die Distanz zu überwinden und die Lieder so nah wie möglich an den Hörerzu tragen war das Ziel. Die psychedelischen Elemente sind beinahe ganz verschwunden, der Rock ist nur noch eine Ahnung. Stücke wie „I Want To Grow“ und „Seasick“ sind Erbauungsmusik, weil ihre Schönheit aus einer ständig ins Euphorische kippenden Melancholie erwächst. Daß die Herren am Ende der Aufnahmen dem Wahnsinn nahe waren, nach i6stündigen Arbeitstagen stumm an Wände starrten und sich nur noch im Kasernenhofton mit jenen Nummern ansprachen, die sie sich auf die Stirn gemalt hatten, möchte man bei all dem feinen Schönklang gar nicht glauben.

www.isolationyears.com