Neben dem chaotischen Wu-Tang Clan etablierte sich 1997 Puff Daddy als Herrscher der Rapublik


Die Beats des Jahres 1997 stammten fast ausnahmslos von der Old School: von LL Cool J, EPMD, den Jungle Brothers oder auch von den Crave Diggaz. Allesamt Künstler, die schon seit Jahren zu den festen Größen des gereimten Wortes zählen und auf kontinuierliche Erfolge verweisen können. Was die jüngere Generation der Goldkettenträger betrifft, so war der Wu-Tang Clan mit „Forever“ zweifellos der überragende Sieger in einem eher dünnen Verfolgerfeld. In letzterem tummelten sich auch die inzwischen aufgelösten Cypress Hill. Die Soloausflüge von B. Real und DJ Muggs mit seinen Soul Assasins hätten unauffälliger kaum ausfallen können. Auch Coolio konnte mit seinem jüngsten Longplayer nicht an vergangene Erfolge anknüpfen. Ganz im Gegensatz zu Will Smith. Der Man In Black kletterte mit seinem Hit zum Film an die Spitze der Charts. Populärer denn je ist auch Sean „Puffy“ Combs. Jahrelang graue Eminenz der New Yorker HipHop-Szene und skrupelloser Chef von Bad Boy Productions, schlug er 1997 so richtig zu: einerseits als Produzent von Notorious B.I.G. und LL Cool J, andererseits aber auch als Solist. Dabei geht der Endzwanziger mit dem fetten Bankkonto und der Schwäche für kurvenreiche Models extrem clever vor: Er sampelt alles, was ihm in die Finger kommt – konsequent und ungeniert. Sein größter Hit, „I’ll Be Missing You“, verwendet ganze Passagen des Police-Klassikers „Every Breath You Take“. Dazu der ehemalige Police-Gitarrist Andy Summers: „Einerseits pißt es mich natürlich an, derart ‚mißbraucht‘ zu werden. Andererseits zeigt es aber auch, wie einflußreich The Police waren und sind. So lange ich Tantiemen erhalte, kann ich mich nicht beschweren.“ Bleibt die Frage: Kunst oder Klau? Die Meinungen dazu könnten gegensätzlicher kaum sein. Was auch mit Blick auf neue starke Rap-Ladies wie Lil‘ Kim, Foxy Brown und Missy Elliot gilt. Und das aus gutem Grund. Denn während die Damen einerseits das Machogehabe ihrer männlichen Mitbewerber anprangern, provozieren sie andererseits mit dümmlich dargebotenem Sex-Appeal.