Nichts – Hamburg, Markthalle


Nichts in der Markthalle: Man drängt sich durch das ausverkaufte Haus und kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Ereignisse der Band über den Kopf zu wachsen drohen.

Auf der Bühne herrscht Nervosität. Die offensichtlich viel zu kleine Anlage ist entweder zu leise oder von Rückkopplungen geschüttelt. Der Lautstärkepegel, der sich im Laufe des Sets als praktisch erweist, betont die elektrischen Instrumente. Das Schlagzeug verschwindet hinter diesem wall o/ sound, der Gesang kommt gerade eben noch durch.

Nichts werden sich entscheiden müssen, leider: Industriekarriere/ Hits/volle Häuser – oder Punk in Clubs und Kellern. Daß sie sich auf ihrer vierwöchigen Tour dieser Konsequenz zumindest vorläufig entzogen zu haben scheinen, ist eigentlich schon ein Grund zu feiern. Denn nur so bleiben sie von den lächerlichen Ansätzen zum showmanship und ähnlichen, von zahlreichen NDW-Bands revitalisierten Peinlichkeiten verschont.

So gab es an jenem Freitagabend, der natürlich auch Unmengen von Punks und Sympathisanten aus dem HH-Umland anzog, in erster Linie einen unprätentiösen Rock’n’Roll-Set, in dem kaum ein Song der beiden LPs unter den Tisch fiel.

Gut fürs Auge Andrea Mothes, in Bewegung und Aussehen die perfekte Verkörperung ihres Gesangsstils – ihre einzigen Bewegungen waren ein gelegentliches Kopfschütteln und das ständige Stampfen ihres rechten Fußes – hoffentlich ist er am Ende der Tour noch zu gebrauchen. Nicht so gut fürs Auge die kopierten Macho-Posen von Bassmann Chris Scarbeck – es sei denn, man amüsiert sich gern darüber. Meikel Clauss sieht aus wie ein großer, freundlicher Stoffteddy, spielt die beste Gitarre weit und breit und harmoniert ganz prima mit dem stählernen Bergmann Tobias Brink am Schlagzeug, was aber – siehe oben – eher zu sehen als zu hören war. Und wenn die halbe Markthalle „Lieber Gott, ich wünsch‘ mir so/meine Stimme im Radio“ mitgröhlt, dann ist mir das lieber als irgendwelche Eiszeit-Sprüche und Mussolini-Rituale.