Nummer Eins: Jochen Overbeck über „I Took A Pill In Ibiza“ von Mike Posner


In seiner Pop-Kolumne „Nummer Eins“ schreibt Jochen Overbeck diesmal über Mike Posners „I Took A Pill In Ibiza“.

Lustiger Zufall: Der Schreiber dieser Zeilen wühlte sich gerade herzhaft in die Vergangenheit der dauerdruffen Happy-Mondays-Nachfolger Black Grape (Sie erinnern sich vermutlich nicht an deren hervorragende Single „Get Higher“), als ihn die Erinnerung an diese Kolumne ereilte. Und was passiert als Nächstes? In Holland ist einer an der Spitze der Charts, der erneut jenen Themenkomplex besetzt.

Nummer Eins: Die Pop-Kolumne von Jochen Overbeck
Nummer Eins: Die Pop-Kolumne von Jochen Overbeck

Mike Posner hatte vor sechs Jahren mit „Cooler Than Me“ einen moderaten Hit, es folgten keine weiteren, auch eine Single mit Lil Wayne und ein Duett mit Nick Jonas lockten niemanden mehr hinterm Kachelofen hervor. Dass jetzt ausgerechnet „I Took A Pill In Ibiza“ ein Hit werden würde – auch im Rest der Welt „performt“, wie man in der Musikbranche bekanntlich sagt, der Song ordentlich –, hätte wohl Posner selbst nicht gedacht.

Die Geschichte des Songs in Kurzform: Posner auf einem Avicii-Konzert. Klar, VIP, weil ja so gerade noch Popstar. Aber auch klar: Um das Feeling zu feelen, wechselt er vom VIP-Bereich (da sind die Drinks meistens for free) ab und zu zum Fußvolk (da ist die Stimmung besser). Dort wiederum erkennt ihn ein Konzertbesucher, worüber Posner sich unbändig freut, vermutlich weil das nicht mehr besonders oft vorkommt. Der andere wiederum freut sich so sehr, dass er ins Plastiksackerl greift, eine kleine Pille nimmt und diese Posner zärtlich auf die Zunge legt. Der kommt ganz gut drauf, aber – ab diesem Moment erinnert das an sich nette Akustikstück leider an eine Broschüre des Bundesministeriums für Spaßverhinderung und sauberen Rave – umso fieser wieder runter.

Zehn Jahre älter, klagt er, habe er sich nach dieser Pille gefühlt. Ein Stück Musik also, das Sendungsbewusstsein ausströmt – und damit das Gegenteil des Schaffens eingangs erwähnter Gruppe Black Grape. Die hinterlässt den Eindruck, nichts spreche gegen eine moderate Integration von Rauschmitteln in den Ernährungsplan, dann werde nämlich alles viel, viel lustiger! Wo die Wahrheit liegt? Vermutlich wie so oft in der Mitte.

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