P.A.R.C Music
Zwei deutsche Music-Maniacs gelten In London als erste Adresse. Erst verhalfen sie Terence Trent D'Arby zu Starruhm, jetzt pushen Luxi und K.P. das Trio Ellls, Beggs & Howard in die Charts.
Noch in München bekam der Klaus-Peter Schleinitz von einer Londoner Plattenfirma einen Karton Salznüsse der britischen Renommiermarke „KP“. Seither heißt Schleinitz nur noch „K.P.“ und er ist über die Verwandtschaft zu den Erdnüssen nicht einmal unglücklich. Denn im englischen Volksmund ist einer, der als „nuts“ beschrieben wird, schlicht und ergreifend „crazy“. Und „das paßt ja doch eigentlich nicht schlecht zu uns…“
Doch es steckt Methode in der Verrücktheit. Ansonsten säße er heute kaum in einem Kirchturm zu London, um den eingeborenen Experten zu zeigen, wie man’s macht. Zum Beispiel einen als müde Michael Jackson-Parodie abgesagten Schönling über Nacht zu der Entdeckung des Jahres ’87 zu machen. Oder aus drei alternden Musikanten ohne Hit-Appeal eine schwungvolle Combo zu machen, an der Freunde funkiger Rockmusik in Kürze nicht mehr vorbeikommen. Doch, wir greifen vor…
KP’s Traum stammt, wie so viele andere auch, aus den 60er Jahren. „Ich bin mit der Firma Island aufgewachsen! Ich kann mich erinnern, so mit 15, 16 in den Plattenladen gegangen zu sein und zu fragen: ,Habt ihr ’ne neue Island-Platte?‘ Damals kam ja nur eine raus im Monat, Spooky Tooth, Traffic, Spencer Davis, Roxy Music, das war’n ja alles Klassiker!“ So ein Platten-Label wollte er auch mal machen. Vorerst aber – wir schreiben die frühen 70er – machte er die Kleinarbeit in der Münchener Presseabteilung von Ariola, ’81 avancierte er zum PR-Chef. „Das Gute war, daß ich das ganze Material hatte, das die anderen partout nicht verstanden: Stiff, Virgin, Island, Celluloid – all das ganze schräge Zeug. “ Doch gleichzeitig begannen die Frustrationen. „Da sitzt du in diesen Meetings und ein Titel wird ’ne Minute vorgespielt – und dann gehen fünf Daumen rauf und vier runter: angenommen oder abgelehnt. Das fand ich nicht gut. Ich sah eine Menge Talent da draußen, aber das Talent wurde nicht rübergebracht. Die Alternativen waren: klein beizugeben oder einfach zu sagen: „I do it myself.“
Gesagt, getan. Mit der Ariola-Abfindung startete er das Label „On Records“. Im Repertoire: die Rockabillies Be-Bop, die Reggae-Hoffnung Chalice und Kevin Coyne. Be-Bop lief zwar gut, löste sich aber auf, als es „grad richtig losging“, Chalice vermochte sich nicht durchzusetzen und Coynes Beiträge litten unter übermäßigem Alkoholgenuß. „Na ja – so hab ich halt schnell meine ganze Kohle restlos verbraten.“
Da kam plötzlich ein witziger junger Mann namens „Luxi“ daher, brillierte mit einem unerschöpflichen Fundus von weltenbummlerischen Anekdoten, liebte Autos, Risiko und „Rock’n’Roll“ – und hatte Beziehungen zu Financiers. Von seiner ursprünglichen Idee, zusammen mit dem Besitzer des Münchener „Parkcafe“ einen Büro- und Studiokomplex zu schaffen, blieb schließlich noch eine Produktionsfirma namens Progressive Artist Relations Concept, kurz P.A.R.C. P.A.R.C. kümmerte sich vorrangig um zwei neue Namen: Picnic At The Whitehouse sowie Terence Trent D’Arby. Den kannte KP noch von der Gruppe Touch in Frankfurt. „Die Band hat mich nicht umgehauen, doch der Terry hat mir gut gefallen, vor allem seifte Attitüde nach dem Konzert. Was willst du denn werden, fragte ich ihn. .Der größte Popstar, ’ne Menge Geld haben, Frauen und große Autos‘, so ungefähr.“
Eine Plattenfirma konnte er allerdings nicht für ihn auftreiben.
„Da hab ich ihn halt unterstützt, hab ihm monatlich von meiner mickrigen Kohle noch mickrigere Kohle gezahlt. Hab auch ein Keyboard gekauft, angefangen, langsam etwas zu entwickeln. Dann gab’s noch ’ne Phase, wo wir uns trennten, weil er mir furchtbar auf die Nerven ging, damals schon allen Ernstes meinte, bereits ein Superstar zu sein.“
Man fand sich wieder zusammen, Luxi fand den Terry ebenfalls gut. Sonst aber niemand. Mittlerweile aber war Picnic bei CBS untergekommen. Um die Sache besser überblicken zu können, starteten K.P. und Luxi die P.A.R.C.-Filiale zu London. Die Trennung P.A.R.C. – Picnic Ende ’85 war ein Schlag. „Zurück nach München war‘ ja nicht lustig gewesen. So blieb ich hier, Luxi in München. Mit 10.000 Mark im Monat mußte ich alles schmeißen. Ich hatte diese alte Kirche gefunden, da waren ein paar Räume billig zu haben. Zwei Schreibtische, ein gemietetes Telex, eine Schreibmaschine und ein Gasofen. Im Winter saßen wir in Mänteln und Handschuhen da.“
Doch da passierte es: Bei CBS war ein neuer Talentsucher eingetroffen, der fand Gefallen immerhin an D’Arby’s Stimme, wenn auch nicht an seinen Songs. Doch P.A.R.C. setzte sich durch! Nicht nur nahm Terry seine Songs so auf, wie er sie wollte. Er hieß auch so, wie er es wollte. „Da haben wir schwer kämpfen müssen! Der CBS-Boß wollte den Namen auf Terry Darby kürzen. Da bin ich reinmarschiert, hab auf den Tisch geklopft und gesagt: No way! Erstens ist’s sein richtiger Name, zweitens klingt ,Terry Darby‘ billig und discomäßig. “ Die nächsten Monate sind, wie man so schön sagt, Geschichte.
Heute ist Luxi leider verhindert. Unterwegs bei „Diskussionen mit dem Manager von Prince“ hat er mit seinem US-Paradewagen einen Mini überfahren und läßt sich wegen Genickschmerzen entschuldigen. Und auch von Terence sind nur noch Erinnerungen da. Er managed sich unter Mithilfe ehemaliger P.A.R.C.-Mitarbeiter unterdessen selbst. „Natürlich wars ein Schlag, als er anrief.
Aber weil ich ihn gut kenne, war’s mir auch verständlich. Wir haben uns kurz danach getroffen und gesagt: ,0.K., nur müssen wir nun aufpassen, daß wir uns nicht weh tun.‘ Und so war’s denn auch: Es gab keine Probleme, kein Ärger, kein Streß. Wir sind immer noch eng befreundet.“
Trotz des prominenten Aderlasses steht P.A.R.C. keineswegs künstlerlos da. Unter Management-Vertrag stehen Michael Rose (Ex-Black Uhuru), Stefan Frank (ein Sänger aus George Clintons Küche), Bernard Fowler und ein gewisser Steve Spiro. Dazu ist ums hauseigene Kleinstudio mittlerweile eine veritable Musikantenfamilie herangewachsen, aus welcher auch die neueste Hoffnung, Ellis, Beggs & Howard hervorgegangen ist.
Den Keyboarder Simon Ellis kannte KP noch von der Gruppe Pleasure & The Beast. Sobald das Studio frei war, wurde er hineingesteckt. “ Wir haben unmögliche Sachen probiert mit ihm, hat nie geklappt. Da waren inzwischen so SO, 40 Leute, die immer irgendetwas im Gang hatten. So war auch mal Nick Beggs da, der wollte mit einem andern Keyboarder Songs schreiben. Klappte aber auch nicht. Da hat Luxi Simon und Nick zusammengebracht: .Geht’s mal da unten ins Studio und schaut’s, wie das läuft.‘ Es lief auf Anhieb. Damals wohnte ich selber noch im Haus von Austin Howard, der bei PWL. Pete Waterman’s Firma, unter Vertrag war. Der schaute dann auch mal rein …“
Aus seinem PWL-Vertrag war Austin entlassen worden, weil er sich weigerte, dem Waterman’schen Rhythmus-Computer Platz zu machen in seiner Musik. Bei EBH hat er in der Richtung keine Probleme mehr, denn EBH glaubt an „echte“ Instrumente, an Songs und ans Schwitzen. Nick: „Emulators sind nicht die Zukunft der Musik — Live-Bands sind es. Wir wollen Musik machen, die nicht die Intelligenz unseres Publikums beleidigt. Uns geht’s nicht um den Erfolg über Nacht. Auf keinen Fall.“
Ob die Band da nicht schwer zu tragen hat, die Last des Trend D’Arby-Erfolges fortsetzen zu müssen? „Naja. Manche Leute sind da schon furchtbar naiv. Die meinen: ,Ah, die haben Terry gemacht, die können mich dann auch so machen.‘ Das ist nun leider nicht so. Wir sehen uns als langfristiges Projekt, das 10 oder sogar 15 Jahre hält“, erklärt K.P. seine Politik der kleinen, kontinuierlichen Schritte.
Und das sahen die Jungs ein?
„Das sehen sie JETZT ein.“