Pantha du Prince hat Feinsinn in die Clubs gebracht
Düstere Melancholie, gepaart mit drückenden Bässen und einem Hauch Melodie – Hendrik Weber aka Pantha du Prince galt mal als Prototyp eines weiterentwickelten Berliner Minimal Technos. Inzwischen ist er längst den nächsten Schritt gegangen.
Hendrik Weber, besser bekannt als Pantha du Prince, hat einen interessanten Weg hinter sich. Ursprünglich spielte er Bass bei der Hamburger Indieband Stella. Davon verabschiedete er sich, als er Anfang der Nuller Jahre begann, unter dem Pseudonym Pantha du Prince minimalistischen Techno zu produzieren. Von dort unternahm er über die Jahre die Reise zurück zu mehr und mehr Melodie, mehr und mehr Live- und am Ende auch mehr Bandcharakter – seine Musik hat Pantha du Prince im Laufe dieser Rückreise mit immer mehr Eindrücken und Einflüssen bereichert.
Als Weber musikalisch den Schritt in den Club ging basierten seine Tracks auf den in Städten wie Berlin definierten Minimalregeln, treibende, drückende Bässe, straighte Vierviertel-Drums, untermalt von allerlei Geklacker und Gefrickel in den Mitten. Doch schon da machte er etwas anders als die meisten anderen: Pantha du Prince erweiterte seinen Techno um einen Hauch Melancholie. Er brachte Gefühle und Feinsinn in den Club.
Mit diesem Ansatz diente seine Musik bald auch für andere (damalige) Technoheads wie Moderat/Apparat oder Efdemin als Vorbild—sie nahmen diesen emotional-musikalischen Ansatz im Techno auf, stellten ihn teilweise (Moderat!) sogar noch mehr ins Zentrum ihres Schaffens und erreichten damit über die Jahre eine weitaus breitere Hörerschaft als das reine Techno-Club-Publikum der frühen Jahre.
Eine Entwicklung, die natürlich auch für den Wegbereiter selbst gilt: Pantha du Prince ist dem reinen Clubkontext inzwischen entwachsen. Das sieht man auch daran, dass er heute fast mehr Gigs in Theatern, Opern und bei Jazzfestivals spielt als im Club.
Seine bekanntesten Tracks, wie „Stick To My Side“ oder „Winter Hymns“, sind dann auch schon viel näher am Pop als am Techno. Klar, da sind nach wie vor die Grundelemente wie die Vierviertel-Bassdrum, die drückende Bassline und das so typische Geklacker und Gebimmel in den Mitten. Aber darüber breitet sich ein hymnisches Klanggeflecht aus, das mit seinen eingängigen Melodien und dem gefühlvollen Gesang von Gastsängern wie Panda Bear oder Queens weit weg ist von den hypnotischen Rhythmusgewittern früher Techno-Tracks.
Die Parallelen zur Musik anderer Berliner Technoschulen-Alumni sind groß. Am offensichtlichsten ist das wohl bei Moderat. Apparat und Modeselektor haben die große Zeit des Techno persönlich miterlebt und mitgeprägt, trugen aber offenbar immer irgendwo in sich den Drang zu Melodie, Melancholie und Pop. Diesen Drang konnten die drei in Zusammenarbeit perfektionieren, das Rezept ist im Grunde das gleiche wie bei Pantha du Prince: Grundstrukturen, vor allem auf der Rhythmusebene, basieren immer noch auf den Regeln des Techno. Darüber machen sich Melodie, Gesang und Gefühle breit.
Inzwischen ist aus diesem Pop-Techno-Verschnitt fast so etwas wie ein eigenes Genre erwachsen. HVOB gehen in die Richtung oder Kiasmos, mit Abstrichen auch Jon Hopkins oder Mano Le Tough. Sollte man diesen Stil tatsächlich als eigenes Genre begreifen, würden die meisten Musiker und Fans wohl an Moderat als Vorreiter und Aushängeschild denken. Das dürfte in erster Linie daran liegen, dass Modeselektor und Apparat schon vor dem Zusammenschluss äußerst bekannt waren und als Moderat von Anfang an den Anspruch hatten, Techno in Arenen, wenn nicht sogar Stadien zu transportieren. Zudem eignen sich Apparat und Co. ziemlich gut als die charismatischen Figuren an der Spitze eines Genres. Hendrik Weber dagegen war als Figur nie wichtig für den Techno. Als musikalischer Ideengeber bleibt er trotzdem der Vorreiter.
Efdemin dagegen ist ein anderer Fall. Er ist jemand, der nur zwischenzeitlich einen ähnlichen Weg wie sein damaliger Labelkollege Pantha du Prince einzuschlagen schien. Als beide noch bei Dial veröffentlichten, entwickelten sie einen sehr ähnlichen Sound. Trockene Rhythmusstrecken wurden da abgelöst von erlösenden Melodien. Man vergleiche nur mal „Le Ratafia“ mit „Steiner im Flug“. Beide Tracks sind 2007 erschienen. Da kann man sich durchaus fragen, wer Henne und wer Ei ist.
In der Folge nahm Efdemin allerdings eine andere Ausfahrt. Während Pantha du Prince seinen Techno mehr und mehr Richtung Melodie und Livecharakter entwickelte und sein 2010er Album folgerichtig auch nicht bei einem Technolabel, sondern auf Roughtrade veröffentliche, ging es bei Efdemin mehr und mehr ins Meditative. Rhythmus spielt bei ihm bis heute eine viel größere Rolle als die Melodie.
Klangkünstler sind die ehemaligen Labelbuddys beide, doch der eine baut auf auf hymnische Klangteppiche und Melodien, der andere auf hypnotisierende Rhythmen. Vor ein paar Jahren trafen diese beiden Ansätze im Efdemin Remix von Pantha du Prince „Stick to My Side“ wieder aufeinander, die Anziehungskraft, die das Repetitive von Efdemin und das Hymnische von Pantha du Prince erzeugen, ist einmalig. Vielleicht sollten die beiden mal eine Supergroup á la Moderat gründen. Einen Namen hätten wir schon: Pantha de Min.
Pantha du Prince spielt am Freitag, den 9. September 2016 eines seiner seltenen Deutschland-Gigs im Rahmen der Musikexpress Klubtour, Tickets kosten 17 Euro.