Pat Travers – Let’s Have A Party


Auf den ersten Blick ist der zappelige und nervöse Pat der typische Heavy-Rock-Gitarrist – gelangweilter Blick, gepflegte wilde Haarmähne -, der mit allen Mitteln seine Karriere erzwingen möchte. Doch während des Interviews zeigt sich hinter dieser Maske ein höflicher, aber nicht zu wohlerzogener Junge, der über Irish Coffee und grünen Spargel plaudert, sich während des Interviews mal eben die Haare wäscht, die Klamotten wechselt und sich von den Kollegen Peter und Nicko einen Joint nach dem anderen drehen läßt. Seine Geschichte erzählt er bereitwillig ohne Punkt und Komma. Hier läßt er für Fragen ebenso wenig Zeit wie auf der Bühne für Applaus.

Also, zuhause in Toronto, hat Pat Travers mit 12 angefangen, Gitarre zu spielen. Als er mit 17 die Schule verließ, fiel ihm nichts besseres ein, als mit Musik sein Geld zu verdienen. In Ottawa gründete er die Red Hot,zog mit ihnen gen Quebec, wo er Nacht für Nacht in Clubs auftrat: „Wir spielten alles, die Hits von Cream bis Led Zeppelin, ja sogar französische Lieder, deren Texte wir nicht einmal kannten. In Kanada kannst du jede Menge Geld in den Clubs verdienen, aber mit der Zeit wirst du zum Alkoholiker und bekommst Depressionen.“

Schließlich erlöste ihn Ronme Hawkins,Begründer der legendären Band, der ihn für seine Gruppe „Elephant“ als Gitarrist engagierte. „Musikalisch stand ich da überhaupt nicht drauf. Sie machten reichlich altmodische Musik, Rockabilly (Country ’n‘ Western mit Rock ’n‘ Roll). Aber ich lernte die ganzen alten Rock ’n‘ Roll-Standards und ein paar gute Leute kennen. Gordon Lightfoot zum Beispiel. Der spielte ebenso gern wie schlecht Schlagzeug, und manchmal stieg er bei unseren Sessions ein. Es klang immer schauerlich, aber er ist ein netter Kerl.

Nach einem Jahr dann merkte Pat, daß er auf der langweiligen kanadischen Musikszene nicht weiterkam. „Ein guter Freund meinte: ‚Du mußt hier raus!‘ Nach Amerika wollte ich nicht, denn ich dachte, die haben sicher Hunderte von besseren Gitarristen, die warten nicht gerade auf dich! Ich verkaufte meine sieben Sachen, lieh mir Geld und reiste mit meiner Gitarre nach London.“ Doch so paradiesisch, wie Pat sich das Rockmekka London vorgestellt hatte, war es nicht: „Ich hatte mir die englische Musikszene immer sehr freundlich, lebendig und offen vorgestellt. Da wurde ich herb enttäuscht. Es ist überhaupt nicht drin, abends mit ein paar Musikgrößen zu jammen. Zu viele Image- und Prestigeprobleme. Und dann hatte ich ja überhaupt keine Vorstellung, was ich eigentlich genau machen wollte.“ Wieder halfen ein paar Freunde weiter, ein Demo-Band führte zu einer Plattenfirma und einem Manager, und dieser zu ein paar Musikern. Mit dem Bassisten Peter Cowling und dem Ex Spooky Tooth-Schlagzeuger Mike Kellie gründete Pat sein Trio. Doch auf der ersten LP „Pat Travers“ war Kellie nur noch als Gast zu hören. Roy Dyke, Ex-Remo Four und Ex-Aston, Gardner & Dyke, hatte seinen Platz eingenommen. Dann folgten die üblichen Tourneen als Vorgruppe von den Groundhogs, der Alex Harvey Band und den Dr. of Madness („mad und stränge!“), bis schließlich auf dem Reading Festival im August 76 der Durchbruch auch beim großen Publikum, vor allem aber bei der Presse, kam. Inzwischen liegt die zweite LP „Makin‘ Music“ vor, und wieder hat es eine Besetzungsänderung gegeben. Dyke wurde von dem Ex-Streetwalker Nicko McBrain ersetzt. Zwei Stöcke auf der neuen LP erwähnt Pat besonders: „Stevie“, das er für seinen jüngeren Bruder (ebenfalls Gitarrist), geschrieben hat und „Rock ’n‘ Roll Susie“, das seiner Freundin gewidmet ist.

Ist die Zeit für Heavy-Rock-Trios nicht vorbei, frag‘ ich Pat? „Es war von mir keine Absicht, ein Trio zu gründen.

Ich hätte gern noch einen vierten Musiker dabei, einen zweiten Gitarristen, der auch dabei singt und Keyboards spielt. Aber ich bin ja froh, daß ich diese Band überhaupt zusammenbekommen habe.“ Ein weiteres Problem ist für ihn das Komponieren. „In Kanada hab‘ ich mir über eigene Stücke keine Gedanken machen müssen. Und unter Zeitdruck etwas zu schreiben, fällt mir manchmal verdammt schwer. Deshalb finden sich auf meinen Platten auch immer ein paar Oldies wie „Mabellene“ oder „Statesboro Blues“. Aber ich merke schon, daß ich besser werde.“ Keine Schwierigkeiten dagegen hat Pat auf der Bühne, wo er sich wie ein Wildpferd gebärdet, das versucht, seinen Sattel abzuwerfen. Schnell, laut und ohne Pause rast er von einem Song zum anderen, läßt dem Publikum keine Chance für Applaus. Nach einer Stunde fließt der Schweiß, von der hingeföhnten Mähne bleiben nur noch verklebte Schnittlauchlocken, das offene Hemd gleicht einem nassen Handtuch. Doch Pat ist längst nicht am Ende, für die Zugabe soll’s erst gemütlich werden. Mit seinem Lieblingssatz „Let’s Have A Party!“ bittet er sein Publikum zur Bühne, offeriert ihm die Champagnerflasche, die er abwechselnd mit dem Joint in der anderen Hand zum Mund führt..“Yeah, yeah. I’m hooked on music, I’m hooked on rock ’n‘ roll!“ Pat ist, wie gesagt, erst 23 und hat noch genügend Reserven.