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Paul Smith (Maxïmo Park) im Interview: „Beim nächsten Projekt lehne ich mich noch weiter aus dem Fenster“


Paul Smith wollte eigentlich nie singen, ist aber trotzdem Sänger geworden. Der Maxïmo-Park-Frontmann sprach mit uns über sein neues Album, seine Vergangenheit und seine Liebe für Schokolade.

„Hello, Paul’s here.”

Paul Smith, Sänger von Maxïmo Park und gerade mit seinem dritten Soloalbum DIAGRAMS fertig, teilt sich seinen Namen mit einem britischen Fashiondesigner. Am Telefon ist er aber einfach nur „Paul“ aus Stockton-on-Tees im Nordosten Englands, mit dem man super über Musik sprechen kann. Die dann halt zufällig auch manchmal seine eigene ist.

Paul Smith (Maxïmo Park) stellt uns seine aktuellen Lieblingsplatten vor

Das Album DIAGRAMS, welches am 25. Oktober 2018 erschienen ist, bringt Smith zurück zu seinen Wurzeln: Der Junge, der einst mit Verstärker und Gitarre in der Garage seiner Eltern erste musikalische Gehversuche unternahm, ist mittlerweile Familienvater und Frontmann einer noch immer relativ erfolgreichen Band. Und trotzdem tut Smith noch immer gern genau das: Er nimmt Songs in seinem Schlafzimmer auf, schickt sie „seinem Freund Andrew nach Manchester”, der dann Drums und Bass hinzufügt. Und dann organisiert Smith sich – mit ein wenig Hilfe durch ein kleines Label – eine bescheidene Tour, bucht eigenhändig Hotels, fragt an, ob ihn nicht jemand für einen Gig buchen möchte.

Warum die Mühe? „Manchmal schreibe ich etwas und frage Maxïmo Park dann: ‚Okay, wollt ihr das?‘ und die anderen sagen nur so: ‚Nope‘. Manchmal, wenn ich einen Song geschrieben habe, finde ich: Er ist fast fertig, und braucht eigentlich nur mehr ein Schlagzeug und ein bisschen Bass-Gitarre. Da ist dann fast kein Platz mehr für andere, etwas beizutragen.”

Der Song „Around And Around” vom neuen Album sei beispielsweise fast auf einem Maxïmo-Park-Album gelandet, doch Smith habe dann Veto eingelegt: „Es war funky und groovy, aber hat sich für mich einfach nicht richtig angehört. Als ob die ursprüngliche Prämisse des Songs verändert worden wäre.“ Also ging Smith allein zurück an den Start, zu dem von ihm aufgenommenen Demo, und spielte an dem Song herum, bis er zufrieden war. Deshalb.

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Er versuche, Maxïmo Park nur sehr simple Denkanstöße zu geben, damit die Bandmitglieder in Kollaboration dann komplexere Musik daraus machen können. Auf dem aktuellen Maxïmo-Park-Album wollte Smith etwa klar politisch Stellung beziehen. Dass das im April 2017 erschienene RISK TO EXIST, trotz der für pro-europäische Linkswähler wie Smith eher misslichen Lage Großbritanniens, ein so tanzbares Album geworden ist, habe viele überrascht. „Wir wollen im Angesicht dieses ganzen Unsinns tanzen”, sagt Smith. „In einer Review zum Album stand, dass wir, wenn wir wütend sind, auch wütend klingen müssen. Punk ist durchaus in Maxïmo Parks Repertoire, und ich höre selbst gern Punk, aber ich dachte einfach: Das ist zu leicht, weißt du?”

Auf DIAGRAMS wollte Smith nun wieder einen etwas weniger fröhlichen, aber dennoch humorvollen Ton anschlagen. Bands wie das australische Indierock-Quartett Dick Diver haben den Sound des neuen Albums inspiriert, welcher an die Indie-Rock-Anfänge des ersten Maxïmo-Park-Albums A CERTAIN TRIGGER erinnert. Smith wollte auch bei seinen Texten wieder subtiler vorgehen: Die Songs auf seiner neuen Platte seien abstrakter und schwieriger verständlich als die romantischen Bindungen und Brüche ihrer Vorgänger, auf denen es oft um Beziehungsthemen ging. Smith will DIAGRAMS als Sammlung von Kurzgeschichten oder Szenen aus einem Theaterstück verstanden wissen. Jeder solle sich dazu jedoch seine eigenen Gedanken machen – die titelgebenden „Diagramme” werden von Smith zwar auditiv vorgezeichnet, der Hörer darf und soll sie aber für sich selbst interpretieren.

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„Ich mache Popsongs, die nach Paul-Smith-Songs klingen.“

Auf seinem ersten Solo-Album MARGINS aus dem Jahr 2010 habe Smith ruhig und selbst-reflektiert wirken wollen – mit dem Anspruch, nicht wie jeder andere Singer-Songwriter mit Gitarre zu klingen. „Oft merkt man erst, was einen beeinflusst hat, wenn man zurückschaut, und in dem Moment, in dem man es tut, denkt man nur ‚Oh ja, hört sich nach mir an’”. Rückblickend hat Smith einige seltsam klingende Gitarrensounds in MARGINS behalten, die auf eine Vergangenheit voller experimentierfreudigem Gitarrenrock á la Sonic Youth und PJ Harvey hindeuten. „Sonic Youth haben vieles gemacht, manchmal auch einen perfekten Popsong, der sich dann trotzdem nach ihnen anhört. Das gleiche versuche ich auch: Ich mache Popsongs, die nach Paul-Smith-Songs klingen.”

Bei den Proben für die MARGINS-Tour mit Smiths Freunden Andrew Hodson (von Warm Digits), Rachel Lancaster und Claire Adams (von Beard) entdeckte Paul Smith sein Faible für heiße Schokolade: Hodson – der einzige mit Führerschein – holte die anderen mit seinem Auto zum Proben ab, und brachte ihnen Kaffee. Da Paul den nicht mochte, gab es für ihn immer Kakao. Der Brite habe sogar noch nie Kaffee oder Tee gekostet: „Ich habe als Kind nichts probiert, wovon ich den Geruch nicht mochte. Und jetzt bin ich schon so alt, da dachte ich: Jetzt bleibe ich einfach so. Ich mag Schokolade, das ist mein Problem. Brownies sind ein großer Teil meiner Ernährung.”

Die auf der Platte zu hörende Rachel Lancaster ist mit ein Grund, wie Smith zum Musikmachen kam: 1998, bei einem einjährigen Grundkurs auf der „Northern School of Art”, lernte er sie und ihre eineiige Zwillingsschwester Laura Lancaster kennen und gründete mit ihnen die Instrumentalband Me and The Twins. Inspiration war unter anderem der Film „Buffalo ’66” von Underground-Künstler Vincent Gallo, welchen sie bei Proben oft im Hintergrund liefen ließen. „Da wir rein instrumental spielten, wusste wir nicht wirklich, wann der nächste Song startete. So kam es, dass ich begann, kleine Kicks in die Luft zu machen.” Heute sind sie einer von Smiths „Signature Moves“ auf der Bühne. Smith habe sich auch schon damals bei Auftritten gern in Schale geworfen.

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Wie nach Me And The Twins Maxïmo Park entstand

Smith beschreibt die Musik von Me and The Twins als „sehr leise” und fügt schmunzelnd hinzu: „Niemand von uns wollte singen.” Smith schrieb schon zu Uni-Zeiten Gedichte, und steckte diese auch den Zwillingen zu. Daraus resultierte ein einmaliger Gig unter dem Namen „Me and The Twings Sing” mit Coversongs von Bands wie The Blue Niles und den Red House Painters. „Die Zwillinge haben dazu nie wirklich ja oder nein gesagt”, sagt Smith. So kam es, dass Smith auf einem „Me and The Twins”-Gig von der damaligen Freundin des Maxïmo-Park-Schlagzeugers Tom English gesehen wurde, die ihn der Band als Sänger vorschlug. Der Rest ist Geschichte.

„What I Can't Live Without“: Paul Smith (Maxïmo Park) über Fußball

Heute dreht sich in Smiths Berufsleben alles um Musik, ursprünglich wollte er mal Maler oder Fotograf werden. „Doch das hätte mir nicht genug Geld eingebracht, um zu Gigs gehen und Platten kaufen zu können.” Der „sichere“ Job als Sänger von Maximo Park steht Smith da schon besser. Trotzdem würde er gerne mehr Zeit mit Malen verbringen. Für seine Soloalben gestaltet Smith zumindest gern aufwendiges Artwork. Doch er fürchtet sich, zu viel Zeit mit anderem Kreativen als Musik zu verbringen: „Weißt du, wenn die Leute älter werden, werden viele Bands wirklich schlecht, und ich will nicht, dass mir das auch passiert.”

Paul Smith will also alles, nur nicht langweilig werden. Bei den Proben für die DIAGRAMS-UK-Tour wurde ihm klar: Seine Solo-Sachen sind über die Jahre zu einem beachtlichen Werk herangewachsen, und fühlen sich für ihn an wie eine abgeschlossene Trilogie. Was kommt also als nächstes? „Vielleicht, sich ein bisschen weiter aus dem Fenster lehnen.”