Pearl Jam
Masken! Mariachis!Gummipuppen! Bruderkriege! Live ging 2000 wieder einiges...
Wie sollen Pearl Jam ein Jahr im Gedächtnis behalten, dessen Verlauf einige der wohl schönsten Momente ihrer ganzen Karriere beinhaltete – gleichzeitig aber durch den verhängnisvollen Ablauf eines einzigen Abends unrettbar überschattet wurde? Ein sowohl künstlerisch wie auch kommerziell erfolgreiches Album, eine allerorts ausverkaufte Tour mit über 70 Auftritten in sechs Monaten – in großen Hallen und auf Festivals – die erste Europa-Tour nach vier Jahren der Abstinenz auf den Bühnen der alten Welt, gut gelaunte Bandmitglieder, wie man sie bei Pearl Jam seit der Veröffentlichung von „Ten“ nicht mehr vorgefunden hatte – die Liste der erfreulichen Begebenheiten ist ellenlang. Dahin war die zuweilen nervtötende Verweigerungshaltung und das verbitterte Hadern mit Konzertveranstaltern, Presse, dem Ruhm im Allgemeinen. Eddie Vedder und seine Kollegen konzentrierten sich endlich auf das, was ihre Stärke ist: ernsthafte und intensive Rockmusik – zwar nach wie vor mit Sendungsbewusstsein und Botschaft, aber ohne die alte vergrätzte Muffeligkeit. Der konservierte Beweis der Spielfreude, die das Quintett auf seiner Europa-Tour in regelmäßig über zwei Stunden langen Shows ausstrahlte, wanderte in Form von 25 gleichzeitig erschienenen Mitschnitten auf Doppel-Live-CDs über die Ladentische, mit denen man so bewegende Auftritte wie den unvergesslichen, von Wetterleuchten begleiteten Gig bei Rock Am Ring und die frenetisch umjubelte Show in der Hamburger Sporthalle festhielt. Was aber ist das alles wert, nachdem in Roskilde am 30. Juni vor den Augen eines so hilflosen wie verzweifelten Eddie Vedder neun Männer buchstäblich zu Tode getrampelt wurden? (siehe S. 65) Genug, um weiter zu machen. Nach einigen Tagen der Trauer folgten Überlegungen, die Band aufzulösen, doch schließlich führten Pearl Jam ihre Tournee in den USA zu Ende.