Pete Townshend: Pete Townshend solo


Brixton, Academy.

Was erwartet man von Townshend, wenn er zum ersten Mal in seiner 25jährigen Karriere ein Solo-Konzert spielt? Eine letzte Hommage an die Who? Oder experimentelle Avantgarde?

Wer mit solchen Erwartungen zur Show kam, wurde bitter enttäuscht. Townshend ist nicht der Typ, der bis ins Pensionsalter auf den Lorbeeren seiner Vergangenheit tanzt. Die bunte Mischung quer durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten, die zu Allerheiligen in Brixtons Academy pilgerte, bekam statt dessen einen repräsentativen Querschnitt durch die zeitgenössische Musiklandschaft geliefert.

Jetzt, drei Jahre nach den Who, kann er sich’s leisten, den begleitenden „Kick Horns“ Freiraum zu mitreißenden Jazz-Improvisationen zu lassen – oder aber von einem alten Blues-Boogie auf ein folkiges „Save It For Later“ umzusteigen. Die Euphorie des Publikums, die er zuvor mit Rockern seiner EMPTY GLASS-LP oder dem WHO-Klassiker „Won’t Get Fooled Again“ entzündet hat, geht ihm dadurch nicht verloren.

Neben Townshends Charisma wirkt Gast-Gitarrist David Gilmour wie ein ambitionsloser Bankbeamter. Wenn er allerdings den doch schon recht stattlichen Bauch hinter seine Stratocaster klemmt und bei Titeln seiner Solo-LP ABOUT FACE ins Rampenlicht tritt, spielt er eben doch immer noch wie ein kleiner Gott.

Überhaupt muß der gesamten „Deep End“-Band Tribut gezollt werden. Eigens für diese zwei Charity-Konzerte zugunsten einer Heroin-Hilfsorganisation hat Townshend ein Staraufgebot zusammengetrommelt: so etwa Simon Phillips an den Drums, seinen alten Kumpel Pete Hope-Evans an der Mundharmonika und John „Rabbit“ Bundrick an den Keyboards.

Erstaunlich wenig Gewicht legt Townshend auf seine Solo-LPs. Das jüngste Werk WHITE CITY ist nur mit zwei Titeln vertreten – und auch sein vorletzter Streich ALL THE BEST COWBOYS HAVE CHINESE EYES ist unterrepräsentiert. Die schon an Exhibitionismus grenzende Offenheit über seine emotionalen Verwirrungen (während der damals gerade überstandenen Drogenkrise) liefert allerdings mit den passionierten Live-Versionen von „Stop Hurting People“ und „The Sea Refuses No River“ einen würdigen Höhepunkt der zweieinhalbstündigen Show.

Und wenn Pete dann zum Ende “ Wir hatten immensen Spaß, bye, I love you“ sagt, dann ist das keine dieser leeren Routinephrasen. Er ist einer der wenigen, dem man so etwas noch abnehmen kann.