Peter Hammill – Hamburg, Markthalle
Das Publikum in der Hamburger Markthalle schien sich aus allen verwunschenen Ecken Norddeutschlands zu rekrutieren: Leute, die der heutigen Konzertszene normalerweise fernbleiben, strömten glänzenden Auges durch’s Foyer, gekleidet in überholter Hippie-Punk-Manier und gespannt auf die neuesten Enthüllungen Hammills.
Die Liste der Musiker ging dem Kenner runter wie Öl: Vier Mann auf der Bühne, außer Hammil) die grandiose Rhythmus-Sektion aus der Endphase seiner verblichenen Band Van Der Graaf Generator – nämlich Guy Evans (Drums) und Nick Potter (Baß), dazu noch der Punk-Sessionfuchs John Ellis (Ex-Vibtrators) an der ersten Gitarre. Bereits nach wenigen Minuten war wohl jedem klar, was an jenem Abend geboten wird: Hammill hatte sich entschieden, knallhart hinzulangen. Zwei Songs lang („Future Now“, „Stranger Still“) verhaltener Hard-Rock, und danach volle Brazzeein Rhythmus, wo jeder mit muß. Dabei auch (endlich mal!) verdientes Lob an den Mann am Mischpult, der das Bühnengeschehen wunderbar in Szene setzte und damit bewies, daß in der Markthalle nicht alles wie Grütze klingen muß.
Hammill wechselte von Piano zur Gitarre und zeichnete fortan für rauhe, tief im Keller grummelnde Akkorde verantwortlich. Auf der Bühne steht ihm die Gitarre wesentlich besser, als das Versteck hinter dem elektrischen Yamaha-Flügel. Ein weiterer Aktiv-Posten auf der Bühne: Guy Evans. Ein phantasievolles und doch markiges Schlagzeugspiel ist das Rückgrat jeder Band dieser Art. Auch die optischen Schwerpunkte lagen auf diesen beiden Akteuren: ein ständig unter Riesen-Anspannung stehender und Funken-versprühender Hammill, Evans gebückt über seinen Trommeln, konzentriert, wachsam, berstend.
Zum Opfer fielen diesem Hard-Rock-Konzept natürlich die klangmalerischen Stucke von Hammills letzten Alben sowie auch die von seilen der Zuhörer erhofften Van-Der-Graaf-Reminiszenzen. Das älteste Stück im Programm eines völlig gegenwartsbezogenen Musikers blieb „Modern“, das Hammill mit dem bescheidenen Selbstlob einleitete: …. auch heute noch aktuell“. Höhepunkte des Sets blieben jedoch die für diese Band maßgeschneiderten Stücke von seinem letzten Album: Der Titelsong „Sitting Targets“, das an John Cale erinnernde „Central Hotel“, der urbane Horror von „Sign“ – Songs, bei denen alles stimmte und lediglich John Cale sich mit jauligen Soli gelegentlich unangenehm in den Vordergrund drängte.
Hammill jedoch war zu diesem Zeitpunkt wohl schon auf neuen Wegen, wechselte nach etwas einer Stunde zurück ans Piano und kündigte als letztes Stück „Flight“ an, ein zwanzigminütiges Werk, das schon auf Platte kaum Eindruck hinterließ. Zwei Zugaben waren trotzdem fällig; „Nadirs Big Chance“ war leider nicht darunter. Hammill war bei seiner Unberechenbarkeit geblieben.