Pharell Williams: Hat viele Superstars produziert, bis er selber einer wurde
Als eine Hälfte der Neptunes gehört er zu den heimlichen Herrschern der Charts, als ein Drittel uon N.E.R.D. werschiebt er die Grenzen des HipHop ins Unendliche-doch all das ist dem Mann aus Virginia nicht genug.
Tippt man seinen Namen in eine Suchmaschine, kommen Klingeltöne heraus. Die ersten 100 Treffer nichts als Ringtones. „Frontin'“ aufs Handy – so ist das im Jahr 2004. Sign of the Times. Globaler Erfolg tönt einem heutzutage aus Mobiltelephonen entgegen. Auch wenn Pharell Williams es nicht zugeben mag: Der Bursche aus Virginia ist auf dem Weg, seine Reputation als Produzenten wunder gegen den Status eines Superstars einzutauschen.
„Produced by The Neptunes“ und „Featuring Pharell“ sind die derzeit wichtigsten Qualitätssiegel der amerikanischen Popmusik. Wer etwas auf sich hält, lässt sich von den Jungs aus Virginia Beach synkopieren. Funky stuff! Mal kristallklar und fast schon karg, mal dick und fett wie ein Mastschwein aus Minnesota. Stars jeder Couleur und Hautfarbe haben ihre Songs in die tätowierten Arme von Pharell Williams und Co-Neptune Chad Hugo gelegt: Justin Timberlake, Britney Spears, Busta Rhymes, Noreaga, LL Cool J, Jennifer Lopez, Jay-Z, Nelly, Sade, Janet Jackson, Snoop Doggy Dog, No Doubt, All Saints, Beyonce … die Liste der von den Neptunes produzierten Künstler ist lang und wird jeden Monat etwas länger. Nach einer Umfrage stammten im letzten Sommer 19 Prozent aller Tracks im britischen Radio aus der Werkstatt des Produzenten-Duos. Jeder fünfte Song!
Das Rezept ist schlagend: Die Neptunes sorgen für zeitgemäßen Sound samt Credibility und werden ganz nebenbei immer mehr selbst zu Stars. Bestes Beispiel dafür ist Justin Timberlake, den die Neptunes so „schwarz“ klingen ließen, als wäre er in Südstaaten-Gottesdiensten groß geworden. Noch nie hat man sich in der (bedrohten) Welt des Entertainment so liebevoll die Bälle zugespielt wie heute – eine große Familie, in der sich alle gegenseitig unter die Arme greifen, um glaubwürdig und im Geschäft zu bleiben. Das Ergebnis lässt sich hören: Mainstream-Pop klingt in der Neptunes-Ära so gut wie zuletzt zu den besten Zeiten von Michael Jackson und Prince. Davon profitieren nicht zuletzt auch Pharells Sänger- und Musiker-Ambitionen. Sein an Curtis Mayfield gemahnendes Falsett kennt seit Snoops „Beautiful“ jeder, sein freches Bubengesicht sowieso, ganz zu schweigen von der stattlichen Bauchmuskulatur. „Frontin'“, die Single des ersten Neptunes-Albums verkaufte sich millionenfach. „Pharell blows up!“ titelte The Face im Januar und setzte ihrem „Man of the Year“ eine nackte Blondine auf den Schoß. Perlenkette, Brillantring und eine rosafarbene Kaugummiblase an der Brustwarze. Glamour? Ja, aber gepaart mit der Präzision eines Tüftlers und der Unschuld einer verspielten Wasserratte. Angefangen hat alles an einer High School in Virginia Beach. Pharell schwärmte damals für Earth Wind and Fire, Steely Dan und Stevie Wonder, für Lynyrd Skynrd und Herbie Hancock. In einem Sommercamp traf das Lehrerkind einen anderen hochbegabten Musikfan namens Chad Hugo, Sohn eines phillipino-amerikanischen Navyoffiziers. Die beiden begannen, Sounds zu frisieren wie andere Kids an Motoren her-
umbasteln. Wenig später wurden die Wunderknaben von HipHop-Mogul Terry Riley
ins Studio geholt, wo sie die nächsten Jahre damit verbrachten , Tracks zu produzieren, die Rap nach elektronischer Musik klingen ließen und sich aus sämtlichen Töpfen bedienten: R’n’B, Hard-Rock, New Wave, Techno. Seit den Neptunes machen Genregrenzen in der Pop Musik noch weniger Sinn als zuvor. Mit „Black Music“ hat das, was Chad Hugo und Pharell Williams zusammen mit ihrem alten Schulkameraden Shay Haley unter dem Namen N.E.R.D. fabrizieren nur noch bedingt zu tun. Als „hybriden Künstler“ bezeichnet sich Pharell, als Bewunderer und Nachahmer von Fusion-Gurus wie Quincy Jones, Prince oder Beck.Trotz verschiedenster Einflüsse erkennbar zu bleiben, ist eine der großen Errungenschaften von Pharell Williams. Gefahr droht dem omnipresenten Nice Guy deshalb zur Zeit nur von sich selbst. Wenn er so fleißig weiterproduziert wie bisher, wird man seine Beats irgendwann nicht mehr hören können. Wäre schade, wenn Pharell so enden würde wie seine Klingeltöne. Danke dafür: Es macht inzwischen gelegentlich wieder Sinn, bei Hits aus dem kommerziellen Mainstream aufs Arrangement zu lauschen. Das hat er uns beschert: Williams hat so viele Gräben zugeschüttet, dass man die einst so zerklüftete Welt des Hip-Hop kaum wiedererkennen mag. Den Trends zur Zersplitterung hält der Mann mit den schönsten Bauchmuskeln der Popmusik seine Vorliebe für hybride Sounds und harte Beats entgegen.
Das wollen wir als nächstes von ihm sahen: Das neue N.E.R.D.-Album FLY OR DIE erscheint Ende März. Besonders gespannt sind wir auf das Video der ersten Single „She Wants To Move“, in dem – wie aus verlässlichen Quellen zu hören ist- die Zeile „yourass is likeaspaceship“bildlich umgesetzt werden soll.