Propellerheads


DER „KUNSTPARK OST“ IST EIN MERKWÜRDIGER ORT. Eine Mischung aus Katmandu und Abenteuerspielplatz, in dem sich nächtens die angesagten Acts nur so auf die Füße treten. Musikalische Welten schrammen hier so dicht aneinander vorbei, daß die Funken fliegen: Green Day spielen im „Colosseum“, direkt daneben und doch Lichtjahre entfernt legen die Propellerheads auf. Das aktuelle Album der beiden Briten, „Decksandrumsandrockandroll“, ist so was wie der Katechismus des Big Beat. Alex Gifford (33) und Will White (24) füllen die Lücke zwischen The Prodigy und den Chemical Brothers mit dickarschigen Beats und klebrigem Funk. Tatsächlich beschränken sie sich bühnenmäßig auf Decks und Drums – der versprochene Rock ’n‘ Roll kommt vorwiegend vom DAT-Tape. Nur hin und wieder nimmt Will White hinter seinem Schlagzeug Platz, um Giffords synthetischen Beats ein wenig zu sekundieren. Ansonsten bleibt er bei seinen Turntables, während sich Gifford liebevoll um den ordnungsgemäßen Zustand des übrigen Equipments kümmert. Dabei glänzen Knaller wie „Take California“ oder das epische „Spy Break“ mit konsequenter Treue zum Original. Wenn auch bisweilen in etwas ausführlicherer Version, weil ja schließlich nicht mehr als ein einziger Longplayer der Propellerheads erschienen ist. Gewiß, das postmoderne Stimmungsduo müht sich redlich, dem rockigen Rahmen gerecht zu werden. So prügelt Gifford in bester Rave-Manier die Luft, während eine schmückende E-Gitarre gelangweilt vor seinen Hüften pendelt. Und White lauscht konzentriert den Klängen aus seinem Kopfhörer, von denen das Publikum auch gerne etwas mitbekommen würde. Doch letztlich wabert der Sound schlechtgemischt und schwammig durch die Münchner Halle. Von Präzision kann dementsprechend keine Rede sein. Da denkt man dann zwangsläufig über andere Sachen nach und begreift: Ein Album wie „Decksandrumsandrockandroll“ ist auf dem Radiowecker unerträglich. Dieser kostbare Entwurf moderner Tanzmusik kann sich nur mit kostspieliger Technik entfalten. Und so rasen die Propellerköpfe an diesem Abend mit voller Wucht gegen die betonierte Grenze des Genres. Nach einer knappen Stunde werfen sie das Handtuch. Und der Besucher freut sich wieder auf das Album, das daheim im CD-Spieler wartet. Auch ein sehr merkwürdiger Ort.