Puff Daddy


SO STELLT MAN SICH DAS VOR BEI RAPPERN: Gleich am Anfang wird geballert. Zu Isaac Hayes'“Shaft“ vom Tape erscheint – ganz in Weiß – Sean „Puffy“ Combs, schlendert die Treppe herunter und windet sich plötzlich blitzschnell zwischen losgehenden Böllerschüssen nach links und rechts. Die könnten der Lautstärke nach glatt aus Pistolen stammen. Ganz schön dreist persifliert da jemand sich selbst und seine vertrackte Rechtslage. Wie man weiß, ist gegen den Herrn in New York ein Verfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes und was nicht noch allem anhängig. Dennoch können sich die Fans darüber freuen, dass Combs es nach mehreren vergeblichen Anläufen endlich geschafft hat, sein angekündigtes Konzert zu geben. Erschienen ist Puffy in Begleitung seiner „Family“. Dabei handelt es sich um verschiedene Künstler seines Labels Bad Boy Entertainment, die – im Auftritt des Meisters eingebettet – vorgestellt werden. Die R&B-Boygroup 112, Soulsänger Carl Thomas und Rapper l_il“ Cease tragen zur Vielfalt eines Geschehens bei, das sich auf unterhaltsame Weise zwischen Showman-Attitüde und Gangstergebaren einpendelt. Dazu verweist Puffy ständig mit viel Pathos auf seinen ehemaligen Schützling Notorious B.I.G., der ja auch nicht immer gesetzeskonform lebte. Mit geschickt geschürten Emotionen spielt der Pate dabei über die Tatsache hinweg, dass auf der Bühne kaum Musik gemacht wird. Außer einem DJ und einem Perkussionisten spielt hier niemand ein Instrument. Die bruchstückhaft wiedergegebenen Stücke, vornehmlich vom letztem Album „Forever“, kommen von Platte oder Band – wer will das schon so genau sagen? Puffy ist schließlich kein Musiker, der alles selbst komponieren würde. Er greift sich im Studio Passagen von Stücken anderer heraus und rappt darüber. Dafür braucht man live keine Band. Samples aus „Moments In Love“ von Art Of Noise, „In The Air Tonight“ von Phil Collins und natürlich „Every Breath You Take“ von The Police tun es auch vom Turntable. So hat Puffy alle Zeit der Welt, sich als Entertainer für alle zu empfehlen. Zum Abschluss verneigen sich Puffy und Familie zu „We Are Family“ von Sister Sledge brav vor dem Publikum. Da fragt man sich im Rund: Ist der Kerl wirklich so böse oder tut er nur so?