Punk und HipHop: Slowthai kündigt neues Album im Livestream an und gibt sich „Selfish“
Mit mehrstündigem Livestream als Promo-Move: Rapper Slowthai hält nun weder Großbritannien noch seinen Fans den Spiegel vor – sondern sich selbst.
Slowthai teilt die erste Single „Selfish“ aus seinem neuen Album UGLY. Es soll am 3. März erscheinen. Die Thematik des Albums bestimmt den außergewöhnlichen Promo-Move, für den der Rapper sich entschieden hat.
Die Pressemitteilung liest sich sehr dringlich, der Anlass ist außergewöhnlich, das Timing muss sitzen, ein bisschen wie ein Erpresserschreiben in einem Thriller. „Jetzt gerade sitzt slowthai in einem eigens dafür gebauten Raum, dessen zwei Meter hohe Wände nach innen komplett verspiegelt sind. Er hat ihn letzte Nacht betreten. Heute wird er die Zeit dort mit sich selbst verbringen. All das ist im Livestream zu sehen.“
Und da sitzt er oder liegt oder läuft im Kreis. Er raucht, schreibt, zeichnet, tanzt, versucht „Bottleflips“ und manchmal spricht er auch. Die ganze Old-School-Nervenheilanstalt-Ästhetik gibt den ersten Hinweis: Das neue slowthai-Album wird persönlich. Der Livestream trägt den Titel der ersten, parallel veröffentlichten Single: „Selfish“. In gewissem Sinne ist er das Musikvideo. Zum jetzigen Zeitpunkt (25. Januar, 14:15 Uhr) läuft der Livestream seit viereinhalb Stunden.
Das Album
Sein neues Album wird UGLY heißen. Das Akronym steht für „U Gotte Love Yourself“ und ziert seit kurzem, wie das Cover zeigt, auch das Gesicht des Rappers. Die Platte soll einen musikalischen Weg einschlagen, der bisher durchaus angeklungen ist, den slowthai jedoch noch nie so umfänglich beschritten hat. Obwohl er auch weiterhin rappt, wird es sich um ein Punkrock-Album handeln. Er selbst nennt Punk als großen musikalischen Einfluss neben HipHop. In der Politisierung seiner bisherigen Arbeiten ist er sicher mit eingeflossen. Die starke Anti-Brexit-Haltung seines ersten Albums NOTHING GREAT ABOUT BRITAIN zeigte er unter anderem, als er dem Vereinigten Königreich während einer Preisverleihung „den Spiegel vorhielt“, indem er eine Replika des abgetrennten Kopfes von Boris Johnson auf der Bühne präsentierte. Musikalisch hat die Zusammenarbeit mit Idles und Soft Play (bis Dezember 2022: „Slaves“) ganz offen gezeigt, dass er diese Seite hat, aber auch auf dem 2021 erschienenen Album TYRON war sie spürbar.
Seine Entwicklung hin zum dritten Album beschreibt er selbst so: „Das Album bin komplett ich – es handelt davon, wie ich fühle und was ich sein möchte – es ist das logische Ende meiner Entwicklung bis jetzt.“ In Vorbereitung auf das Album habe er sich in Therapie begeben und an sich selbst gearbeitet. Den Spiegel, den er metaphorisch Großbritannien vorhalten wollte und später als Bühnenrequisite einsetzte, um seinen Fans zu zeigen, dass sie das Große an Britannien sind, richtet er nun auf sich selbst. Vollkommen umgeben von Spiegeln übt er sich, so heißt es im Untertitel des Livestreams, in Geduld und Introspektion. Jetzt gerade sieht der Künstler nichts außer sich selbst und den paar Requisiten, die er mitgebracht hat.