R.E.M.: No More Adventures In Hi-Fi
Es war Anfang Juni 1989, R.E.M. hätten auf ihrer Green-Tour in der Theaterfabrik in Unterföhring bei München spielen sollen – ein sehr kleiner Veranstaltungsort für eine Band, die in ihrer Heimat USA die größten Stadien füllte. Mit zwei Freunden nahm der Autor dieser Zeilen die 300-Kilometer-Anfahrt in Kauf, um dann an der Tür der Theaterfabrik einen Zettel vorzufinden: „R.E.M. verlegt in den Circus Krone, 22. Juni“. Das Konzert zwei Wochen später wurde ein unvergessliches Erlebnis. Zweieinhalb Stunden spielten sich R.E.M. durch ihre damals gar nicht so lange Geschichte, dazu einige hervorragende Coverversionen – etwa „Streets Of Your Town“ der Go-Betweens. Im Publikum: vor allem Kinder von US-Soldaten, die in Bayern stationiert waren. Als 1991 Out Of Time mit „Losing My Religion“ erschien, hatte auch der Rest der Welt begriffen, dass diese Band existierte. Danach waren R.E.M. weltweit zu Superstars geworden. Mit ihrer Byrds-beeinflussten Musik und der Anti-Mainstream-Attitüde wurden sie in den Achtzigern zu den Urvätern aller nachfolgenden Gitarrenbands. Seit dem 1996er New Adventures In Hi-Fi haben R.E.M. kein durchgehend gutes Album mehr zustande gebracht, auch wenn die Jubelkritiker nicht müde wurden, bei jedem neuen zu behaupten, es handele sich um das beste seit 20 Jahren. Am 21. September verkündeten R.E.M. nach 31 Jahren auf ihrer Website überraschend ihr Ende. Sie werden fehlen als die letzte aufrechte Rockband im Mainstream, die ihre gesellschaftspolitischen Ideale trotz Superstarstatus nie aufgegeben hat. Ihre Live-Shows mit den überraschenden Setlists werden fehlen und Michael Stipe, dieses enigmatische Energiebündel am Mikrofon. Albert Koch