Rebel Yell!
Black Rebel Motorcycle Club live im Revierpark Wischlingen in Dortmund
Vor dem Konzert lockt ein Fotograf die Band aus dem Backstage-Bereich hinaus in eine Gruppe von Festivalbesuchern, die unter Bäumen sitzt. Peter Hayes, Rob Turner und Nick Jago hocken sich zwischen die verdutzten Leutchen und werden fotografiert: drei schwarz gekleidete, blasse, gelangweilt dreinblickende junge Männer in einer bunten Menge. Nach dem Konzert setzt sich Sänger und Gitarrist Hayes hinter der Bühne ans Feuer, während drum herum abgebaut wird, und die letzten Gäste gehen. „Valium wäre jetzt nicht schlecht“, sagt er. „Ich bin seit fünf Uhr morgens auf den Beinen. Ich muss mal wieder runter kommen.“ Verständlich. Der Mann hat gerade ein Konzert gegeben, das so groß und mächtig war, wie ein Monolith aus Marmor, ach: Ein ganzer Marmorsteinbruch. Rock’n’Roll in riesig war das. „Danke. Aber wir können das noch besser. Es geht noch größer“, sagt Hayes und wirft seine Kippe in die Glut. Noch größer? Während des Konzerts konnte man physisch spüren, was Rock’n’Roll ist. Und zwar von vorn. Hayes, Turner und Jago Peter, Robert und Nick kommen wortlos auf die Bühne, stöpseln ein und legen los. Wie laut das ist! Wie dunkel Turners brutaler Bass brummt, wie mächtig sich Hayes‘ schabende Riffs darüber legen, wie Jago sein Schlagzeug vertrimmt, wie eng das alles ineinander verzahnt ist! Es fühlt sich an, als würde eine Wand aus heißer Lava auf das Publikum zurollen, das mit offenen Mündern auf die Bühne starrt. Das zweite Stück ist das zweite vom neuen Album: „Six Bullet Shotgun“, ein atemlos drängender Monster-Rocksong, ein Viech von einem Lied. So geht es weiter. Mal verharrt die Band hypnotisch auf einem Riff, wiegt mit unglaublicher Lässigkeit das Publikum in Trance, um dann urplötzlich auszubrechen in apokalyptische Kakophonie. Diese Band ist unberechenbar. Im Vergleich zu den Auftritten ihrer ersten Deutschlandtour im vergangenen Jahr haben sie die psychedelischen Passagen minimiert, die zentrierteren Stücke des neuen Albums passgenau ins Set integriert und sich zu einer über die Maßen selbstbewussten Band entwickelt, die mit kleinsten Mitteln größtmögliche Wirkung erzielt. Wie die drei da oben stehen und wortlos ihre mächtigen Lieder spielen, wird das Konzert zu einer Messe. Danach ist man aufgeladen mit Energie und voller Euphorie: Man hat dem großen, gefährlichen, schwarzen Reptil Rock’n’Roll in die Seele geblickt und es hat einen mitten ins Herz gebissen.