… And you will know us by the trail of dead

IX

Superball Music/Universal

Alternative-Rock mit allerlei Zierrat und wunderbarer Zierrat-Zerstörung. Die Band mit dem Bandwurmnamen hält ihre Tradition in Ehren.

Wer nur die eine Hälfte kennt von ihrem Werk und Wirken und die auch nur vom eiligen Dranvorbeigehen, dem wird diese Band wohl für immer ein Rätsel oder sogar Gräuel bleiben. Vorausgesetzt, er fährt an Wochenenden nicht zu Liverollenspielen, Comicmessen oder Progrock-Schallplattenbörsen.

… And You Will Know Us By The Trail Of Dead – das sind die mit den vor lauter Zierrat beinahe unleserlichen Bandwurmnamenschriftzügen, Songtiteln wie „The Dooms­day Bock“ oder „Like Summer Tempests Came His Tears“ und den von Manga bis Marvel, von Tolkien bis Steampunk inspirierten Artworks ihres (einen) Kopfes Conrad Keely. Doch die andere Hälfte von … Trail Of Dead, das sind die Riffs, das ist der Noise in Schichten, das sind vor allem auch Erfahrungen von prachtvollster Zierrat-Zerstörung, die man am besten live im Konzert macht. Der verblüffend kompakte 2012er Vorgänger LOST SONGS konzentrierte sich besonders deutlich auf diese Qualitäten, die man allzu gerne dem zweiten Kopf der Band, Jason Reece, Typ Büffel, zuschreibt. Doch würden … Trail Of Dead tatsächlich so einfach funktionieren, sie wären nicht so viel und vielschichtig.

IX neigt auf jeden Fall wieder sehr viel mehr zum Epischen, Ausgeschmückten, zu Cello-und-Piano-Intermezzo und Tribal-Drums-samt-Folk-Fiddel-Gelage und atmosphärischen Pausen, in denen sphärische Synthesizer wie bei den Prog-Ahnen für ein staunendes Innehalten in Raum und Zeit stehen. Darum geht es im Kern auf dem gesamten Album: sich Zeit lassen, etwas Stück für Stück errichten, was der Gewaltigkeit der Welt, wie sie diese Rockmystiker wahrnehmen, wenigs­tens versucht, gerecht zu werden. Dieser Ansatz könnte von Pop im Sinne von Den-lieben-Gott-für-dreieinhalb-Minuten-einen-guten-Mann-sein-Lassen nicht ferner liegen (… Trail Of Dead nehmen Gott ohnehin eher in alttestamenta­rischen Erscheinungsformen wahr).

Doch Con- rad und Jason wurden eben auch von Zielsprintern wie Fugazi musikalisch sozialisiert und erkennen als Spätergeborene selbst sehr wohl, wo Yes und Genesis übers Ziel hinausschossen. Das befähigt sie zum einen dazu, so wunderschöne, sehnsuchtsvolle Alternative-Rock-Songs wie „Lie  Without A Liar“ zu erschaffen. Sie fügen aber letztlich auch einem Rock-Oper-verdächtigen, mehrsätzigen Drama wie dem siebeneinhalbminütigen „Lost In The Grand Scheme“ (das fließend in die beiden folgenden, finalen Songs übergeht) nichts hinzu, was da nicht hingehört … also, wenn ein Song schon einmal so einen Titel trägt …