Appliance :: Re-Conditioned

RROOPP/Cargo

Postrock? Krautrock? Diese Briten haben ein Stück Rock on their own geschaffen, eine aus der Zeit gefallene Motorenmusik, die es ins Manisch-Melodische zieht. Ein Drei-CD-Set mit unveröffentlichtem und lange nicht mehr erhältlichem Material.

Drei-CD-Zusammenstellungen sind selbst bei Konsens-Phänomenen und rockhistorisch „wichtigen“ Bands eine Seltenheit, man hat auch Blur und The Doors immer noch auf zwei Alben untergebracht. Dass nun einer semi-legendären Band wie Appliance ein so formidabel ausgestatteter Dreier zuteil wird, ist dem Engagement eines Kleinstlabels zu verdanken, das sich auf die Wiederentdeckung ausgesuchter Bands über unveröffentlichtes Material und nicht mehr erhältliche Alben spezialisiert hat. RE-CONDITIONED ist erst die dritte Veröffentlichung des RROOPP-Labels seit 2006, ein Stück Qualitätsarbeit im schnellschießenden Pop-Geschäft. Vielleicht passt das mit RROOPP und Appliance so gut, weil auch die Beiträge des Trios aus Exeter konsequent aus der Zeit fallen. Man kann das über die komplette Strecke der drei CDs verfolgen, über die konzentrierten Soundschleifen, die sich um krautige Rock-Riffs wickeln und von denselben wieder entfernen dürfen, eine Musik, die sich alle Zeit der Welt zur Entwicklung nimmt, ohne dabei in abstrakter Malerei zu landen. James Brooks, Michael Parker und David Irland operieren im elektrisch aufgeladenen Raum zwischen Song und Sound mit der Tendenz zum Manisch-Melodischen. Oder zum Psychedelischen, das hat ihnen zeitweise Vergleiche mit Pink Floyd (circa ATOM HEART MOTHER) eingebracht.

CD 1 der Zusammenstellung enthält die vier John-Peel-Sessions von Appliance (1998-2002), CD 2 bedient die Freunde von Demos, Raritäten und längst vergessenen B-Seiten, CD 3 fasst die drei ersten Appliance-EPs von 1997 und 1998 zusammen. Wenn es den perfekten Appliance-Track gibt, dann ist das „Mach One“ von der „Into Your Home“-10-Inch aus dem Jahr 1997 – er „erzählt“ davon, wie aus dem Singen der Maschinen ein Stück Rockmusik wird, ein maximaler Effekt mit minimalen Mitteln. Der Autor und Literaturwissenschaftler Rupert Loydell nennt das in den Liner Notes eine „motorgetriebene Experimental-Musik-Maschine“. Die frühen Veröffentlichungen der Briten erinnerten mitten im Wischi-Waschi-Indie-Wettbewerb der späten 90er-Jahre daran, dass Konzept und Konstruktion kein natürlicher Feind des Rock sind. Auf den späteren Alben für Mute kamen mehr Keyboards und Sampler zum Einsatz, aber das ist eine andere Geschichte, die eine andere Compilation füllen kann.

www.rroopp.com

Einstürzende Neubauten