Chris Eckman

Harney County

Glitterhouse/Indigo

Folk: Der Kopf der Walkabouts wandelt auf kargen Solopfaden und erzählt Geschichten aus einem vergessenen Flecken Erde.

Ein Buch war es, das Chris Eckman zu diesem Album inspirierte. Nachdem er die Essaysammlung „Owning It All“ des amerikanischen Autors William Kittredge gelesen hatte, zog es ihn ins Niemandsland von Oregon, erstmals vor ungefähr 20 Jahren. Kittredge, der auch als Co-Autor des Robert-Redford-Films „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ fungierte, beschreibt in seinem Buch die Schönheit der Landschaft, prangert aber gleichzeitig den Raubbau an der Natur durch seine eigene Farmersfamilie an.

Mahnender Stoff, aus dem Eckman ein ganz wunderbares, oft in sich in sich gekehrtes Storyteller-Album entwickelte. Als Titelgeber für das Album HARNEY COUNTY diente der gleichnamige Landkreis, ein einsames Stückchen Erde im Südosten von Oregon. Keine 8 000 Menschen leben dort auf über 25 000 Quadratkilometern und von Landwirt- oder Holzwirtschaft, über 70 Prozent von ihnen wählen die Republikaner.

Eckman – der aus dem unweit gelegenen Seattle stammt – ist mehrmals in diese Gegend gereist. Der erste Song, der aus diesen Eindrücken entstand, heißt „Death At Low Water“ und findet sich auf dem 1995 veröffentlichten Chris-& Carla- Album LIFE FULL OF HOLES. Inhaltlich geht es um die (raue) Schönheit eines Landstrichs, der seinen Bewohnern viel Mühsal abverlangt und deshalb sollten sich die Songs auch zurücknehmen. In schmale Form gegossen wurden sie nahe Prag, wo Eckman mit dem Kontrabassisten Žiga Golob für zwei Tage alleine in einem Aufnahmeraum saß, der eigentlich Platz für 80 Musiker bietet – später stießen Gäste wie Terry Lee Hale dazu.

Eckman greift behutsam auf vertraute Zutaten wie Country und Folk zurück, und er vergreift sich als Geschichten erzählender Sänger, Vintage-Keyboarder und (Akustik-)Gitarrist dabei nie im Ton, wohl aber auf Sounds und Arrangements zurück, die man aus seinem umfangreichen Gesamtwerk kennt. Was HARNEY COUNTY trotzdem zu einem der besten Solo-Alben Chris Eckmans macht, ist, dass alles sehr stimmig, sehr stimmungsvoll inszeniert ist – wie eine Reise wirkt, die man selber antreten möchte, um nach weiteren Geschichten zu suchen.