Deichkind
Neues vom Dauerzustand
Sultan Günther Music/Universal (VÖ: 17.2.)
Eine fast schon übertriebene Leistungsschau der supersmarten Electro-Rock-Spinner.
Bei allzu vielen langlebigen Acts stellen neue Platte kaum mehr als Stichwortgeber dar, um die Maschinerie wieder anzuwerfen. Auf den Konzerten schaut man dann verstohlen zur Uhr, wenn was vom aktuellen Album kommt. Nun ja. Deichkind müssten längst in diesem Stadium ihrer Karriere angekommen sein – allein die Musik spiegelt es einfach nicht wider. NEUES VOM DAUERZUSTAND, man muss es so klar sagen, ist eine fantastische Veröffentlichung, die den eigenen Trademarksound lustvoll bespielt und ideenreich erweitert.
AmazonDie Zeit der Dreiecke scheint vergangen, in den kunstvoll coolen Videos sieht man vornehmlich Philipp Grütering, den Dreh- und Angelpunkt des Electro-Rock-Kollektivs. Das vorab ausgekoppelte „In der Natur“ setzte schon letztes Jahr Maßstäbe hinsichtlich meme-fähigen Punchlines und pointierten Zivilisationsneurosen.
Noch mehr zitierfähige Zeilen als es sie in den frühen „Simpsons“- Staffeln gab
Und auch wenn diese Band scheinbar unbeschädigt durch die Jahrzehnte panzert, stellt Altern ein wiederkehrendes Thema der Platte dar. Am deutlichsten sichtbar in dem Stück „Kids in meinem Alter“, das unter anderem auf die Zeile „Rest in Fleece“ hinführt. NEUES VOM DAUERZUSTAND ist einfach eine Platte mit noch mehr zitierfähigen Zeilen als es sie in den frühen „Simpsons“- Staffeln gab.
Erwähnt sei daher nur noch, dass nun der cheesy Italo-Chanson-Trend, der zuletzt im Erfolg von Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys gipfelte, seinen Weg auch durch die Deichkind-Mühle nimmt. So zu hören in dem (hier schon mal prognostizierten) Sommerhit 2023 „Lecko Mio“. Wer sich nur eine einzige Platte dieses Jahr anhört, sollte sich echt fragen, was mit ihm nicht stimmt – aber auf jeden Fall diese hier nehmen.