Der Mann
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Staatsakt/Bertus (VÖ: 6.5.)
Diskurs-Pop, der die Selbstironie voller Stolz wie eine funkelnde Rüstung trägt.
Warum hatte bis jetzt eigentlich niemand einen Song über den „SUV“ gemacht? Zugegeben: unsexy Thema, aber bei Der Mann wird das nicht bloß ein Pamphlet gegen unökologische Spritfresser, sondern eine vier- bis fünfmal gebrochene Auseinandersetzung mit Eigen- und Fremdwahrnehmung, Lebenslügen, Sprecherpositionen und jeder Menge Was-er-sie-es-immer-schon-mal-sagen-wollte, das für viele Interpretationen offen ist, bevor sich „mit dem SUV“ schließlich reimt auf „fährt zur Drogerie“.
AmazonDie Band, oder besser: Das Allstar-Projekt des Staatsakt-Labels besteht aktuell aus Ramin Bijan, Michael Mühlhaus, Johannes von Weizsäcker und Labelchef Maurice Summen himself, ergänzt von den fürs Visuelle zuständigen Künstlern Helmut Kraus und Sebastian Kaltmeyer. Eine Menge Manpower, um mal in die eigene Blase zu piksen – und zu sehen, ob bloß ein Luftballon Pffft macht oder doch ein paar Explosionswellen in der Mainstreamgesellschaft ankommen.
Manche Songs erzählen schon im Titel nahezu alles, „Country, Western, Coaching & Consulting“ zum Beispiel oder „Nach den Rechten sehen“. In anderen kommen „Rock’n’Roll & Sozialstaat“ zusammen und die Fusion ergibt zuerst eine Kakophonie, die sich aber schnell in poppiges Wohlgefallen auflöst. Das ist extrem selbstreferenziell, aber auch sehr lustig, swingt und groovt und verbeugt sich vor den Pop-Neuerfindern der 80er-Jahre wie Heaven 17, die glaubten, Sozialismus im feinen Zwirn könnte die Weltrevolution auslösen. Der Unterschied: Der Mann weiß nur allzu gut, dass das damals nicht funktioniert hat, denkt das Scheitern schon mit und trägt die Selbstironie als funkelnde Rüstung.