Dry Cleaning
Stumpwork
4AD/Beggars/Indigo (VÖ: 21.10.)
The Magic Of Florence: Die Sängerin der britischen Postpunk-Band bringt die Absurdität des Daseins auf den Punkt.
Jetzt haben sie also das seltsame zweite Album gemacht, das jede Band raushauen darf, die mit ihrem Erstling schon so weit fortgeschritten war, dass ein Weiter, Schneller, Höher, Schöner und Cleverer ein schöner Blödsinn gewesen wäre. Mit STUMPWORK verlassen Dry Cleaning die Komfortzone des jüngeren britischen Postpunk-Wunders, in die sie neben den rasch zu Platzhirschen aufgestiegenen Bands Black Country, New Road, Squid und Black Midi einsortiert worden waren – nicht zuletzt, weil das Narrativ aus dem United Kingdom nach Variation, Irritation und ein bisschen „Magic Of Meghan“ verlangte.
AmazonSängerin und Texterin Florence Shaw, die als bildende Künstlerin ohne musikalische Vorkenntnisse 2017 bei der Band eingestiegen war, setzt auch auf dem neuen Album mit ihren bisweilen aufreizend irrlichternden Lyrics das Ausrufezeichen hinter die Songs der Südlondoner. Sie vermag die Absurdität des Daseins reportagenhaft zu bebildern, sie kann Anne-Clark-Coolness zitieren oder aufrichtige Klangraumpflege betreiben, ihr lakonisches Raunen ist der Supersound, der durch die oft sperrigen Stücke zieht – wir erhaschen Satzsollbruchstellen, das reicht.
STUMPWORK ist eine mutige Platte geworden, weil sie in jedem Moment neu ansetzt: Sie startet mit „Anna Calls From The Arctic“, einer Art Filmsoundtrack mit Pferdegetrappel, verliert sich in Stylebetrachtungen zu Tom Verlain’schen Saitenkurvereien („Driver’s Story“) und macht Platz für einen dunkel dräuenden Funk-Track mit Prog-Rock-Gitarren namens „Hot Penny Day“. Unbequem und giftig und anziehend im selben Moment – Dry Cleaning haben erst einmal alles richtig gemacht. Hintendran noch eine Kaufempfehlung nach Florence Shaw, die hört sich so an: „I’m bored but I get a kick out of buying things“ („No Decent Shoes For Rain“).