Elbow :: Build A Rocket Boys!

Fiction/Universal

Im Angesicht größerer Aufmerksamkeit zeigen die englischen Indie-Eigenbrötler viel Rückgrat.

Sie hätten wirklich eine Rakete zünden können. Zum großen Schlag ausholen, den Anspruch über Bord werfen und auf Coldplay machen können. Die Gelegenheit war selten günstig. Seit dem Erfolg mit ihrem Album The Seldom Seen Kid hört man Elbow zum ersten Mal richtig zu. Aber dieser Erfolg hat Elbow so gar nicht verändert, wie man mit Genugtuung feststellt. Sie beginnen das Album mit dem achtminütigen Prog-Jam „The Birds“, in dem sie ihre Flügel vorsichtig ausbreiten. Aber die elektronischen Effekte auf Build A Rocket Boys! deuten auch Lust auf Experimente an. Und man spürt eine Entspanntheit, die man gerade zu Beginn nicht erwartet hätte, wo normalerweise ein Paukenschlag droht. Dieses Understatement ist typisch. Guy Garvey steht noch ein bisschen mehr als sonst schon im Mittelpunkt, gerade in den Pianoballaden, von denen es hier einige gibt. Garvey missbraucht seine zentrale Rolle aber nicht. Seine Art erinnert eher an Mark Hollis als an Bono. Die Geschichten, die er erzählt, haben auch nach den strapaziösen Weltreisen mit der Band immer noch lokalen Charakter. Der akustische Folk-Track „Jesus Is A Rochdale Girl“ über das Mädchen aus der Nachbarstadt ist ein Beispiel dafür und auch „Lippy Kids“ über herumlungernde Bengel an der Straßenecke. Nur einmal schwebt Elbow Größeres vor, wenn Garvey den Refrain „We’ve got open arms for broken hearts like yours, my boy, come home again“ singt und sich dabei von einem Chor unterstützen lässt. Das ist dann der Arcade-Fire-Moment des Albums. Er sei ihnen gegönnt. Auch hier bleiben Elbow die Zuverlässigkeit in Person, auch hier verlieren sie nicht die Haltung.

Story S. 21