Haftbefehl
Mainpark Baby
Azzlackz / Universal Urban (VÖ: 02.12.2022)
Haftbefehl verabschiedet sich mit klassischem Sound und interessanten Features erschöpft, aber würdevoll als Legende aus dem Straßenrap.
Haftbefehl ist nicht mehr der Gleiche, der 2010 mit Raketenwerfer im „Halt die Fresse“-Video posiert hat. Er war mal der Lich aller Offenbacher Kern-Assis, er war ein Tarantino-Arthouse-Gangster, Straßenrap-Rambo und Feuilleton-Liebling – und im vergangenen Jahr wirkte er besorgniserregend durch. Auf dem Intro „Geruch Von Koks“ setzt er dann ein, nachdem eine überraschende Paula Hartmann über Selbstzerstörung und Trauer singt, und klingt anders als früher. Erschöpft, sogar ein bisschen forciert. Sein vielleicht letztes Album MAINPARK BABY knüpft Fäden seiner Karriere gekonnt auf, zeigt ihn am Mic aber schwerfällig und angestrengt.
Es gibt starke Momente, zum Beispiel, wenn er neben Azad einen brachialen FFM-Refrain abliefert oder wenn er auf „Haft Betritt Den Raum“ pöbelt, fresh und eklig wie in seinen besten Tagen. Doch im Guten steckt viel Selbstzitat, neue Akzente gibt es kaum. Neben jüngeren Kollegen sieht er seltsam aus. OG Keemo und Paula Hartmann klingen auf dem Reißbrett wie Traum-Features, wirken aber trotz starker Beiträge, als wären sie nie im selben Studio gestanden. Erklär auch mal einer, wie Hafti mit seinen 36 Jahren einen flirty Club-Track neben Nimo und Kalim macht, auf dem Letzterer einer Frau versichert, kein „Simp“ zu sein.
MAINPARK BABY entpuppt sich als Abschiedsalbum
Gute und schräge Momente halten sich auf MAINPARK BABY die Waage, und dazwischen liegt eine Menge Solides, das an Karrierehighlights erinnert, aber keine Neuen setzt. Irgendwie scheint klar: Der Mann hat Hunger eingebüßt. Er verwaltet sein Erbe, fügt dem aber wenig hinzu. Die Erklärung dafür gibt es am Ende. „Letzter Track“ gerät als Abschiedsbrief an die Rapszene, er habe genug, jetzt wolle er Zeit für seine Kinder.
MAINPARK BABY entpuppt sich damit als Abschiedsalbum. Klar, Rapper-Renten darf man nicht ganz für voll nehmen, aber Hafti wirkt aufrichtig; wie ein Boxerstar, viele Kämpfe nach den großen Titeln. Wenn das hier sein Absprung ist, ist es ein Absprung mit Würde.