Haiyti
Perroquet
Vertigo Berlin/Universal (VÖ: 6.6.)
Ob man sie schlau oder schlimm findet: Deutschlands finest Trap-Schreihals eignet sich die Sprache an wie keine sonst.
Wer immer noch wissen will, ob die Räuberpistolen und Gangstergeschichten der ehemaligen Kunsthochschülerin Haiyti alle stimmen; ob sie als Teen Dressurreiten oder Drogen verticken ging, und ob ihre Lyrics nun super real oder rasend blöde sind, der stellt vielleicht nicht die falschen Fragen – zumindest aber die uninteressanten. Denn fest steht erst einmal: So wie Haiyti klingt keine, was ihr neues Album PERROQUET mal wieder beweist.
AmazonHaiytis Major-Debüt, MONTENEGRO ZERO von 2018, war eine für ihren DIY-Ethos untypisch feingeschliffene Platte; ein als Rap-Album getarntes Neo-NDW-Kokspop-Monster mit Songs über schmutziges Geld, schimmernden Kram und angeblich auch Gefühle. PERROQUET ist nun näher dran an Haiytis favorisierter Arbeitsweise: schnell, (nach-)lässig, intuitiv. Die zehn Stücke wurzeln im Trap, kommen aber mit weniger Autotune als bisher aus, klingen stripped down, manchmal extrabillig.
Obwohl Haiytis charakteristische Ad-libs aus der Nina-Hagen-Nervhölle („Wawawa“, „rrrrrraw“, „uägh“, „prrrrrr“) die Stücke prägen, hört sich PERROQUET ein bisschen weniger übersteuert an als MONTENEGRO ZERO; im Vordergrund steht ihre Rap-Performance. Fein so.
Denn Haiyti kann nicht nur schneller Tracks schreiben als ihr Schatten, sondern auch was ernsthaft Großes: Wenn sie in ihrem polyglotten Plastik-Sprech rumprahlt und -disst, wenn sie „Barkash“, ein Kunstwort für Geld, im gleichnamigen Song scharf zischelt wie einen Begriff aus dem Arabischen, wenn sie fies flüstert, Worte ihrem Rhythmus beugt, bis sie Sinn und Geschichte verlieren, dann gehört die Sprache allein Haiyti. Und das ist spannender als jede Räuberpistole.