Heiner ist 35, und so langsam kommt es ihm seltsam vor, dass er aus seiner Zeit als Rapper und DJ noch den Namen „Lazyboy“ trägt, sogar im Pass. Noch seltsamer findet er allerdings, dass er manchmal durch Türen tritt und ganz woanders wieder herauskommt, in Würzburg, im Zimmer einer Ex-Freundin, im Wald. Daraus hat der Hamburger Autor Michael Weins in seinem zweiten Roman eine Geschichte entwickelt, die als nett dahingeplauderte Pop-Erzählung beginnt, dann aber über eine Pforte ins Märchenhafte tritt. Produzenten-Kumpel Mirko möchte Lazyboys Teleportationsfähigkeit als Superheldenkraft vermarkten. Er hat jedoch ein Problem: „Ich kann die Fähigkeit nicht gezielt einsetzen, ich kann sie nicht kontrollieren.“ Mit Hilfe der 13-jährigen Daphne landet Lazyboy in einer abgeschiedenen Welt, in der er als Erlöser erwartet wird. Eine ungewohnte Rolle für einen, dem alle vorwerfen, nicht erwachsen werden zu wollen. „Lazyboy“ ist ein fantastischer Roman in einem sehr realitätsnahen Setting, mit einem schönen, fast zu runden Ende. :: Alles zerstört, alles verbrannt
von Wells Tower
Wunderbare Kurzgeschichten über komplizierte Familienkonstellationen
In den USA ist die Kurzgeschichte weiterhin eine wichtige literarische Form. Abgedruckt in Zeitschriften wie dem „New Yorker“ ist sie für junge Autoren eine gute Möglichkeit, sich bei einem größeren Publikum vorzustellen. Wells Tower wurde von dem Magazin zu einem der „20 besten Schriftsteller unter 40“ gewählt. Jede Erzählung steht für sich, doch durch Towers Kurzgeschichtenband zieht sich ein gemeinsames Thema: Familienbeziehungen, die aus dem Lot geraten sind. Zwei Brüder, der eine reich durch Immobilien, der andere arm aus Idealismus, versuchen sich in einer Landhütte in Maine zu vertragen. Ein Sohn beobachtet den Verfall seines Vaters, der an einer seltenen Gedächtnisverlustkrankheit leidet – so sehen die Plots der der Geschichten aus, die meist im heutigen Amerika mit all seinen Krisen spielen. Die Titelstory dagegen führt uns in eine Wikingerfamilie; in der offene Gewalt herrscht, die Jahrhunderte später gefühligen Emotionen gewichen ist. Nur manchmal kommt ein wenig Hoffnung auf: einmal etwa symbolisiert durch einen leuchtenden Fisch, der im Aquarium eines verfallenen Hauses schwimmt. Doch wenn Towers Geschichten zu ihrem lakonischen Ende finden, konnte das Unglück in der Regel doch nicht aufgehalten werden.
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