Her :: Regisseur: Spike Jonze, USA 2013
Love will tear OS apart: Joaquin Phoenix und sein Computerbetriebssystem kommen sich sehr nah.
Toll fand man Spike Jonze’ Filme von Anfang an, seitdem John Cusack und Cameron Diaz einen geheimen Eingang in den Kopf von John Malkovich entdeckten. Weil man aber diese Möglichkeiten nicht für Spike Jonze’ Kopf hatte, konnte man nie ganz sicher sein, ob denn die Frühwerke „Being John Malkovich“ und „Adaption“ wirklich von Herzen kamen. Oder ob sie nicht als Streiche angelegt waren, wie sie der Bad Grandpa überrumpelten Passanten in der von Jonze mitkreierten Serie „Jackass“ spielt.
Hereingelegt werden will man nicht im Kino: Man will glauben können, man will sich den Bildern ausliefern, ohne dass hinterher ein Männchen hinter der Leinwand hervorspringt, das einem eine lange Nase dreht. Wenn nun aber „Wo die wilden Kerle wohnen“ mit seiner sehr spezifischen Interpretation von Maurice Sendaks Kinderbuch vor vier Jahren ein erster Schritt für Jonze hin zu einer neuen Aufrichtigkeit war, dann ist „Her“ nun der erste Film, in den er Herz und Verstand fließen lässt, ohne sich mit Ironie Abstand von der selbst geschaffenen Filmwelt zu verschaffen. Zugegeben, Jonze’ Film ist Science-Fiction, spielt in einer sehr nahen Zukunft, in der unsere Gegenwart immer spürbar ist, aber gesellschaftliche Entwicklungen noch stärker verdichtet wirken: Los Angeles war nie gesichtsloser – es könnte auch eine asiatische Großstadt sein, das Tokio von „Lost In Translation“ vielleicht. Die Mode ist leicht off, man kommuniziert mit Smartphones in Flüstertönen und spricht sonst nicht mehr viel.
Die Einsamkeit der Hauptfigur Theodore Twombly, ein von Joaquin Phoenix als Alter Ego des Regisseurs gespielter Nerd, der beruflich Liebesbriefe für Menschen schreibt, die er nicht kennt, ist genuin und stets spürbar. Ebenso wie das Bedürfnis Theodores, nach der Trennung von seiner Frau wieder lieben zu können. Was sich schließlich einstellt, als er ein neues Betriebssystem installiert, das so intelligent und personalisiert ist, dass es sich nicht nur den Namen Samantha gibt, sondern auch Theodores Leben wieder neue Ordnung gibt. Dass daraus eine Liebe wird, die bizarr sein sollte, aber doch ganz sinnfällig erscheint, ist einer der Geniestreiche des Films: Während sie sich wirklich abspielt, ist die Praxis immer auch Theorie. Und wie Jonze die Seele seines Protagonisten – und damit die eigene – entblättert, das ist besser als jede Geheimtür zu seinem Kopf.
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