Hurts
Exile
Four Music/Sony Music
Ist das noch Musik? Oder schon Schlager? Mit ihrem zweiten Album stehen Hurts knietief im Schmalz.
Heino kommt uns näher, Hurts entfernen sich von uns mit ihrem zweiten Album. EXILE ist eine Empfehlung für das deutsche Samstagabendfernsehen in zwölf Elektroschlagern. Theo Hutchcraft wird bei Markus Lanz und Carmen Nebel als Max Raabe der gepflegten 80er-Jahre-Nostalgie auftreten. Adam Anderson wird sich im Neonlicht am Synthesizer festhalten, wenn die Regie „Somebody To Die For“ einspielt. Oder „Sandman“: Dann werden sich alle freuen über diese lustigen Sounds, die man vom „Gangnam Style“ und David Guetta kennt, über den Kinderchor und den gepfiffenen Kehrreim. Oder „Blind“, das jeder irgendwo schon mal gehört hat, bei Take That vielleicht, wie „Cupid“ und „The Road“ bei Depeche Mode. Bei „Only You“ kann gleich die ganze Leipziger Messehalle mitsingen: „The first cut is the deepest.“ Vielleicht war schon HAPPINESS ein Irrtum mit seinen zwei Lebenshilfehymnen. Warum wurden Hurts daheim in Manchester nie so gefeiert wie in Deutschland und in Osteuropa? Ihren ersten Auftritt hatten sie im Friedrichstadtpalast, dem Schlagertempel von Berlin: zwei echte Engländer vom Arbeitsamt, die unter öffentlicher Anteilnahme und in Maßanzügen etwas Ordentliches aus sich machten. Wo hört Popmusik auf, und wo fängt der Schlager an? Ästhetisch schwer zu sagen. Ironie ist auch im Volkstümlichen längst daheim wie Synthie-Pop und Dubstep. Und doch kann es jeder hören, wenn er will, bei Unheilig so deutlich wie bei Hurts: Es sind die Floskeln, die ihrer Begleitmusik nichts weiter abverlangen als pathetische Klischees. Auf EXILE gibt es jetzt auch Stadionrock-Gitarren. Hölle, Hölle, Hölle.