Immer Ärger mit 40 :: Regisseur: Judd Apatow
Am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Wie Bergman mit Pointen. Wie Cassavetes mit Laurel-Canyon-Feeling. Wie Truffaut auf Viagra. Als würde „Szenen einer Ehe“ denselben Eheberater wie Rumours von Fleetwood Mac beschäftigen und Blue von Joni Mitchell so lustig sein wie „Der Stadtneurotiker“: Judd Apatows vierte Regiearbeit ist Comedy am Rande des Nervenzusammenbruchs und etabliert den wichtigsten Innovator der amerikanischen Komödie nun auch als einen der führenden Filmemacher seines Landes: Schon in seinen ersten beiden Filmen, „Jungfrau (40), ledig, sucht …“ und „Beim ersten Mal“, schimmerte ungeschminkt das wahre Leben durch, wenn mal kurz Pause gemacht wurde mit den unflätigen Witzen und popkulturellen Betrachtungen. „Immer Ärger mit 40“ geht den Weg konsequent weiter: So nah dran am Leben ist Apatow mittlerweile, dass es weh tut – Filmen ohne Netz und doppelten Boden. Ein Paar um die 40 mit zwei Töchtern, das sich mit Geldnöten, Existenzängsten, Vorsorgeuntersuchungen, Erektionsstörungen, Eitelkeiten und Streitereien plagt, während es versucht, Arbeit, Familie und Liebesleben unter einen Hut zu bekommen. Es wäre zum Heulen, wenn es nicht immer auch so irrsinnig lustig wäre: Apatow sieht all die allzu menschlichen Schwächen mit den Augen des Clowns, ohne den Ernst der Lage zu verkennen. Billy Wilders Diktum, Tragödie sei, wenn man hinfällt und liegenbleibt, und Komödie, wenn man hinfällt und wieder aufsteht, trifft punktgenau zu auf diese persönliche Fortsetzung von „Beim ersten Mal“, als die beiden Hauptfiguren lediglich als Stichwortgeber am Rand zu sehen waren: Jetzt stehen Pete und Debbie, gespielt von Paul Rudd und Apatows leiblicher Ehefrau Leslie Mann (ihre Töchter Maude und Iris spielen die Kinder), im Mittelpunkt: Er versucht, mit einem kleinen Liebhaber-Plattenlabel Fuß zu fassen und ein Comeback des britischen Pubrock-Heroen Graham Parker zu bewerkstelligen. Sie kämpft mit der runden 40 und ihrem kleinen Klamottenladen. Dazu kommen Probleme mit den jeweiligen Vätern, mit den Kids und vor allem mit sich selbst: Als Memento, was es heißt, eine Liebe auch nach allen Alltagsjahren noch am Laufen zu halten, ist „Immer Ärger mit 40“ überzeugender als Hanekes „Liebe“, weil hier das Leben so durcheinander, überraschend und schwierig gezeigt wird, wie es nun mal ist. Es ist ein Wunder, dass Apatow dieser furiose Seelenstrip nicht um die Ohren fliegt. Einer der großen L.A.-Filme der letzten 20 Jahre, in einer Ahnenreihe mit „Short Cuts“, „Magnolia“ und „Laurel Canyon“.
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