John Grant

THE ART OF THE LIE

PIAS/BellaUnion/Rough Trade (VÖ: 14.6.)

Traurige Familiengeschichten als Pop, der in aktuelle Gemütszustände der USA eintaucht.

Gibt es überhaupt Lieder von John Grant, in denen es nicht existenziell zugeht? Auch auf THE ART OF THE LIE widmet sich der 55-Jährige aus Michigan seiner Familiengeschichte. Er wuchs in einem streng religiösen Milieu auf. Dort akzeptiert man Grants Homosexualität nicht. Dass er nicht der Mann geworden ist, den sich sein Vater wünschte, beschäftigt ihn noch heute. Im siebenminütigen Synthie-Pop-Stück „Father“ singt er, an seinen Dad gerichtet: „You are afraid to live, and equally afraid to die.“ Diese Angst habe auch Grant selbst verinnerlicht.

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Trotzdem gewinnt man den Eindruck, dass er sich mit der Zeit von Erwartungen emanzipieren konnte. Sein neues Album rechnet zudem mit der Trump-Wählerschaft und christlichem Fundamentalismus in den USA ab. Am überzeugendsten sind die persönlich gefärbten Songs: Im klanglich eher schwerfälligem „Daddy“ singt Grant zwar aus Kinderperspektive, berichtet am Ende aber auch, dass er jetzt in der Nähe des Vaters er selbst sein kann.

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Das Besondere: Es geht nie um Selbstmitleid, sondern um Selbsterkenntnis. Und während wir Hörer:innen einen Kloß im Hals spüren, schmiert sich Grant Franzbranntwein auf das Tanzbein: „All That School for Nothing“ erinnert mit Funk-Vibes an Prince. „It‘s A Bitch“ klingt hingegen, als hätten Hot Chip einen Zapp-Hit geremixt. Am Ende gibt es ein Liebeslied, das Grants säkulare Perspektive auf das Leben nochmals betont. Das ist radikal berührend.

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