Jon Bryant
Cult Classic
Nettwerk/Warner (VÖ: 5.7.)
Ein grandioser Falsettist, ein paar sehr gute Songs – der Kanadier darf auf einen Platz im Midtempohimmel für AOR schielen.
„I dont wanna take the road of another“ – John Bryant singt diese schöne wie schlichte Trennungszeile in einem Falsett, das man auch den Bee Gees zu „Stayin‘ Alive“ noch hätte schenken mögen. Überhaupt ist dieses Album des Kanadiers, zumindest, was die Texturen, die Soundfarben und die Instrumentierung angeht, tief in den 1970ern und frühen 80ern angesiedelt, es atmet vor allem den Geist des Subtilen und Dezenten.
AmazonEine Kulisse, die sich auch für den Dreampop der letzten Jahre eignen würde, Bryant aber betreibt auf dem Album eine alles andere als verträumte Analyse seines eigenen Weges, die von Skepsis und emotionalen Tiefpunkten geprägt ist. CULT CLASSIC mag seinem Titel irgendwann einmal alle Ehre machen, aber erst einmal spielt der Sänger und Multiinstrumentalist damit auf die Zeit in einem religiösen Kult an, die er glücklicherweise hinter sich lassen konnte.
Obwohl die musikalischen Einflüsse so leicht auszumachen sind (Shuggie Otis, Hall & Oates, Steely Dan), hat Bryant eine komplexe Platte aufgenommen, die von feiner Sound-Verarbeitung und einigen großartigen Songs („Paradise“, „Cultivated“) lebt. Im Midtempo-Himmel für ausgefuchste Erwachsenenmusik ist noch ein Platz frei.