Kadavar
Berlin
Nuclear Blast/Warner VÖ: 21.08.2015
Zu Ehren des Berliner Trios muss der schöne alte Begriff Hardrock restauriert werden.
Es ist eine Weile her, da hieß das Hardrock. Nicht Metal, sondern Hardrock. Das Wort ist verschwunden unter einem irrsinnigen Wust an Metal-Genres und Subgenres und Subsubgenres, sollte aber zu Ehren von Kadavar unbedingt restauriert werden.
Denn das Trio treibt sich auch auf seinem dritten, nach seiner Heimatstadt BERLIN benannten Album genau an jener entscheidenden Weggabelung herum, an der in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre Rock unter massivem Blueseinfluss immer härter wurde, aber der Heavy Metal noch nicht erfunden war.
Wir erinnern an das wegweisende „Summertime Blues“-Cover von Blue Cheer, an das brutale „Helter Skelter“ der Beatles und an Steppenwolf, in deren „Born To Be Wild“ Heavy Metal als Begriff zumindest erstmals in einem Rocksong genannt wird: „I like smoke and lightning, heavy metal thunder“. Im Laufe der Jahre haben Kadavar nicht nur ihre Bärte auf beeindruckende Länge wachsen lassen, sondern auch ihr Zusammenspiel – trotz Bassistenwechsel vor zwei Jahren – dermaßen harmonisiert, dass die Stücke auf BERLIN stringenter und mehr auf den Punkt sind als alles, was sie bislang aufgenommen haben. Was an psychedelischer Fantasie verloren gegangen ist, haben sie an Konsequenz dazu gewonnen.
Aber vor allem versteht kaum jemand – und das weltweit – momentan den klassischen Hardrock-Sound so perfekt zu reproduzieren. Sound meint in diesem Fall nicht nur das streng analog entstandene Klangbild, die satten, warmen, vermutlich durch Vox-Verstärker gejagten Gitarren, der staubige Bass und die immer leicht mit Hall belegte Stimme, sondern vor allem auch die Attitüde. Und das Wissen, wie man Dicke-Eier-Rock macht, ohne peinlich zu wirken, wo der Biker die Coolness und die zeitlosen Riffs herholt, wann genau ein endloses Gitarrensolo dann doch zu lang wird – und nicht zuletzt, wann ein Bart wieder gestutzt werden muss.