Kalter Schweiss :: Killing Them Softly
von Andrew Dominik, USA 2012
mit Brad Pitt, James Gandolfini, Scoot McNairy
When the man comes around: Brad Pitt räumt auf als Auftragskiller in einem Krimi der etwas ganz anderen Art.
Wie Sturzbäche ergießen sich die verbalen Kaskaden in den Romanen von George V. Higgins, einer der unentdeckten Giganten der amerikanischen Kriminalliteratur. Das gesprochene Wort steht im Mittelpunkt seiner unaufgeregten Sagas aus der Unterwelt, Aktion muss man häufig zwischen den Zeilen suchen. In seiner dritten Regiearbeit sucht der Neuseeländer Andrew Dominik nach Wegen, die spröde Prosa Higgins‘ für die Leinwand zu übersetzen. „Killing Them Softly“, eine Adaption von Higgins‘ drittem Roman „Cogan’s Trade“ von 1974, ist eine Offenbarung: Fast statisch erzählt der 45-jährige Regisseur die Geschichte eines erfolgreichen Überfalls dreier Stümper auf ein vom Kartell überwachtes Kartenspiel und dessen blutige Nachwehen – ganz der Vorlage entsprechend in langen Einstellungen, in denen selten mehr als drei Figuren zu sehen sind und viel gesprochen wird. Mehr hat der Film nicht nötig, um zu fesseln. Ein paar Mal lässt Dominik sein formales Können aufblitzen, in einer Szene zum Beispiel, in der er das Bild unscharf werden und regelrecht absaufen lässt, nachdem einer der Protagonisten sich einen Schuss gesetzt hat, oder wenn er die Ermordung einer Figur mit extremer Zeitlupe so sehr entschleunigt, dass die Gewalt eine erschütternde ästhetische Schönheit annimmt, wenn die Kugel in den Kopf einschlägt. Ansonsten ist Dominiks Verachtung erzählerischer Konvention fast aufreizend arrogant. Erst nach einer halben Stunde hat die Hauptfigur ihren ersten Auftritt – lässig interpretiert von Brad Pitt. Danach ist jeder Umweg recht, um vom eigentlichen Geschehen abzulenken. Um das abzusaugen, was man gemeinhin unter filmischer Spannung versteht, sodass jedem klar werden muss, dass es hier um vieles geht, nicht aber um das Wiederkäuen gelernter Erzählmuster. Der Look der 70er-Jahre, die fettigen Haare und schmockigen Lederjacken, aber auch die immer wieder eingeblendeten Fetzen aus politischen Reden von Obama, Bush Jr. und McCain verorten den Film als schwarze Komödie aus der Zeit der Wirtschaftskrise kurz vor der Präsidentschaftswahl 2008. Man kann aber auch lachen über diesen Haufen lächerlicher Witzfiguren, die sich gottverdammt ernst nehmen, während ihnen die Welt um die Ohren fliegt. Start: 29. November
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