Kamasi Washington

FEARLESS MOVEMENT

Young/XL/Beggars/Indigo (VÖ: 3.5.)

Der Tenorsaxofonist kocht seine Idee vom großen Jazz-Halleluja auf Normalmaß runter.

Kamasi Washington war in erheblichem Maße daran beteiligt, dass der Jazz wieder zum Sprachrohr einer afroamerikanischen Community werden und ein wachsen des Publikum finden konnte. Dafür hat er Großwerke mit halben Hundertschaften von Musiker:innen und opulenten Chören in Stellung gebracht. Vielleicht muss er knapp sechs Jahre danach nicht mehr mit einer Super-Bigband aufschlagen. Jetzt, da er Gehör gefunden hat, darf die L.A.-Kerntruppe um den Tenorsaxofonisten, von ein paar alten Helden und Rappern verstärkt, ein kleiner angelegtes, beinahe normales Jazz-Album rausbringen.

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Aber was ist schon normal bei Kamasi Washington? Der Album-Titel FEARLESS MOVEMENT verrät das Leitmotiv 2024. „Bewegung“ meint hier Weiterentwicklung aus Komfort-Zonen, aber auch eher wörtlich: Rhythmus und Tanzbarkeit. „Get Lit“ mit George Clinton und Smoke D ist wohl der Song, den man Washington am wenigsten zu geordnet hätte: ein Funk-Track, in dem die Stimmen jene Parts über nehmen, die sonst Saxofonen und Posaunen gehören.

Äußerst ermunternd

Das Astor-Piazzolla-Stück „Prologue“, das hier am Ende steht und im Original nicht über 1:51 hinausgeht, verwandelt sich in der Coverversion in ein achtminütiges Drum-&-Bass-Gewusel, in dem wiederum die komplette Brass-Palette aufscheinen darf. „Computer Love“, ja, genau, der US-Funkhit von Zapp aus den Achtzigerjahren, wird zu einer knapp zehnminütigen Odyssee, die von einer Bläser-Meditation zur Spiritual-Jazz-Hymne reicht.

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In einigen Beiträgen geht’s weit aus dem Referenz- und Erfahrungsbereich des Saxofonisten Washington hinaus, er macht, wonach die Musik ruft. FEARLESS MOVEMENT klingt viel weniger mise en scène als seine Vorläufer, und die Improvisation erreicht mit André 3000s Flötentönen einen plötzlichen Höhepunkt. Am schönsten aber: Die Melodie von „Asha The First“ stammt von Washingtons dreijähriger Tochter, und ausgerechnet in diesen knapp acht Minuten entsteht eine Art Chor-Jazz mit Musical-Stimmung, als hätte jemand in der Schatzkiste der „West Side Story“ gewühlt. Später kommen noch HipHop- und Funknoten dazu. Äußerst ermunternd.

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