Keren Ann :: 101
EMI
Die kosmopolitische Songwriterin löst sich von ihren französischen Wurzeln, erzeugt aber auch mit den neuen englischen, fantastisch arrangierten Songs Gänsehaut.
Ihr Meisterwerk La Disparation (2002) ist vielleicht das beste französischsprachige Album einer Sängerin in diesem Jahrtausend. Auf ihrem neuen Werk 101 kommt uns Keren Ann Zeidel nun, wie schon auf der letzten Platte Keren Ann (2007), komplett englischsprachig. Das ergibt auch Sinn. Die 36-Jährige ist eine Kosmopolitin, die in Paris, New York und Tel Aviv lebt, als Tochter eines russischstämmigen Israeli und einer Holländerin mit javanischen Wurzeln mehrsprachig aufgewachsen ist. Auf dem in Paris, New York und Reykjavik entstandenen Werk finden sich zehn wunderschöne Songs, die meist eher ruhig als aufgeregt sind und durch ihre atmosphärische Dichte mehr als einmal Gänsehaut erzeugen. Ob nun beim schönsten Song der Platte, dem himmlischen „All The Beautiful Girls“, das von Piano und Gitarre vorgegeben und mit French Horn und Streichern veredelt wird. Oder beim sphärischen „Run With You“, das mit seiner Atmosphäre und einem Chor an die Melancholie-Wave-Werke der Cocteau Twins und This Mortal Coil erinnert. Hier wie auf der ganzen Platte bewundern wir auch Keren Anns Fähigkeit der kunstvollen Arrangements, die trotz Streichern und Bläsern nie überladen wirken und bei aller Üppigkeit die Illusion des simplen Folk-Pop-Songs aufrecht erhalten. Die ruhige, melancholische Stimmung wird gelegentlich durchbrochen, etwas temporeicher sind Stücke wie „Sugar Mama“ mit seinem Sixties-Soul-Touch und das fast schon schlagerhafte „Blood On My Hands“. Keren Ann kommt auf ihrer Suche dem perfekten Popsong verdammt nahe.
Thomas Bohnet
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