Lana Del Rey
Norman Fucking Rockwell
Vertigo Berlin/Universal (VÖ: 30.8.)
Die Sängerin siedelt in ihrem Pop Noir mehr Sprachwitz an als zuletzt.
Manchmal hilft Namedropping, um Dinge zu erklären. Wenn Lana Del Rey also (in einem Song) von Kanye West und von Dennis Wilson erzählt und im nächsten von Crosby, Stills & Nash, dann umreißt das dieses Album gut. Kontemporärer Pop-Größenwahn trifft auf Stimmungen, die aus dem Golden Age of Pop importiert zu sein scheinen. Dazu kommt eine gute Dosis jenes süßen Gifts, das bisher alle ihre Platten prägte; ein zähflüssiger Sirup, angerührt aus dem Sand der Pazifikküste, einigen steifen Drinks und einem diffusen, sexuell aufgeladenen Hollywood-Hills-Feeling.
AmazonDas ist Lana Del Reys Amerika, es ist anders als das des Malers, nach dem sie dieses Album benannt hat, gleicht ihm aber in seiner Bildgewalt. „Dream a dream, here’s a scene, you can touch me anywhere because I’m your baby“, singt sie dazu („Love Song“), später: „You don’t ever have to be stronger than you are when you’re lying in my arms“ („California“).
Der Sound, den sie gemeinsam mit ihrem Produzenten Jack Antonoff aufbaut, hellt das Dunkle ihrer bisherigen Arbeiten nicht unbedingt auf, macht es aber anders erlebbar. Er bewahrt vor allem die düsteren Momente davor, in Schwermutsuppen abzudriften, indem er immer wieder einen kleinen Lichtstrahl reinlässt, an der Instrumentierung so lange dreht, bis da Äste aus dem Boden reichen, über die man durchaus auch mal stolpert.
Wo das Del-Rey-Feeling bisher eher in den 40er-Jahren verortet schien, scheinen manchmal die 60er durch, freilich gesehen durch eine Milchglasscheibe, wie das ganze Album Nähe erneut meidet. So entsteht Geschlossenheit; um die aufzubrechen, braucht man schon starke Hämmer.
Einer davon ist das urban pumpende „Doin’ Time“, im Original von der kalifornischen Ska-Band Sublime. Eine eigenartige Wahl, die Urheber des Songs haben sich a) selbst recht fleißig bei George Gershwin bedient und b) nicht unbedingt in den Kanon der Popmusik eingeschrieben. Andererseits: Auch die Musik von Sublime war kalifornisch, unter ihren Songs lauerten Abgründe; Sänger Bradley Nowell starb 1996 an einer Überdosis Heroin.