Mick Harvey
Delirium Tremens
Mute/GoodToGo
Eine Rock-Ode in tiefem Respekt: der Australier hat Teil drei seines Serge-Gainsbourg-Projekts veröffentlicht.
Mick Harvey ist ein Mann von Prinzipien, zumindest, wenn es um seine Heroen geht. Zwei komplette Alben hat der Australier bislang den Songs des Flüsterchansonniers und geliebten französischen Nationalflegels Serge Gainsbourg gewidmet, dass die Aufnahmen 21 bzw. 19 Jahre zurückliegen, tut wenig zur Sache, im Übrigen wurden INTOXICATED MAN und PINK ELEPHANTS 2014 freundlicherweise als Doppelalbum wiederveröffentlicht. Harvey bleibt sich, seiner Herangehensweise und Serge Gainsbourg auch auf VOLUME 3: DELIRIUM TREMENS treu.
Man durfte schon in den Coverversionen von Gainsbourg-Classics wie „Bonnie & Clyde“ und „Ballade De Melody Nelson“ diesen Moment tiefen Respekts entdecken; Harvey spielt die Songs nah am Original, das reicht bis zu den Streicher-Arrangements, und wer jetzt reflexartig ruft, „langweilig, wozu brauchen wir so etwas?“, schießt doch am Thema vorbei. Harvey, aktuell mit PJ Harvey (nicht verwandt) live unterwegs, Mitgründer der Bad Seeds und verantwortlich für den feinen Rock-Zwirn beim großen Herrenausstatter Nick Cave, arbeitet in langen Zyklen, die Übertragung des Werkes von Gainsbourg ins Englische ist das beste Beispiel dafür. Es gab wohl noch ein paar Songs, an deren Übersetzung er sich in den 1990ern nicht herangetraut hatte, jetzt aber soll die Sache ganz flott gelaufen sein.
Vielleicht erfreut Gainsbourg in der Version von Harvey auch so sehr, weil wir anglophon Sozialisierten jetzt ein bisschen vom erotisierten Witz mitnehmen dürfen, den ein Stück wie „L’homme à Tête De Chou“ (vom gleichnamigen Konzeptalbum 1976) nur unter schwerster Textexegese und Zuhilfenahme des grünen „Pons“ hergegeben hätte, jetzt aber als „The Man With The Cabbage Head“ preisgibt. Harvey überträgt Gainsbourgs Geflüster in einen etwas unterkühlteren britischen Sprechgesang, die Band steht hier voll im Saft einer Progressive-Rock-Combo der 1970er.
Frühen Gainsbourg-Aufnahmen aus den 60ern wie „Couleur Cafe“ kommen vergleichsweise erwachsene Arrangements zu, ganz so, als hätte Gainsbourg sie in den 1970ern noch einmal aufgenommen. Zum Finale ein Cover des Gainsbourg-Birkin-Duetts „La Décadanse“, der Kitschballade schenkt Harvey, begleitet von seiner Ehefrau Katy Beale, einen angemessenen Weichspüler. So geht Denkmalpflege.